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Aus: Ausgabe vom 01.10.2025, Seite 8 / Inland
Neue Castor-Transporte in NRW

»Bei einem Unfall könnten Behälter beschädigt werden«

NRW: Neue Castor-Transporte können rollen. Umweltinitiativen und Die Linke kündigen Protest an. Ein Gespräch mit Hubertus Zdebel
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Castorenbehälter im Forschungszentrum Jülich (28.1.2011)

Die Erlaubnis für neue Atommülltransporte durch NRW liegt vor. Demnächst sollen die ersten über die Autobahnen rollen. Welchen Umfang und Zeitraum haben die Transporte voraussichtlich?

Das zuständige Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, kurz BASE, hat die Atommülltransporte von Jülich nach Ahaus Ende August mit Anordnung von »Sofortvollzug« befristet auf zwei Jahre genehmigt. Damit dürfen ab sofort 152 Castor-Behälter mit rund 300.000 hochradioaktiven Brennelementen des ehemaligen Kugelhaufenreaktors im rheinischen Jülich per Lkw über die Autobahnen und Brücken quer durch NRW, über die Landeshauptstadt Düsseldorf und das dichtbesiedelte Ruhrgebiet ins rund 170 Kilometer entfernte Ahaus gefahren werden. Gleiches gilt für zwei Castor-Transporte mit hochangereichertem, waffenfähigem Material aus dem 700 Kilometer entfernten, wegen technischer Probleme seit fünf Jahren stilliegenden Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München.

Wie kommt es zu der Entscheidung?

Die Weichen für diesen Atommülltransportewahnsinn wurden schon 2022 durch die damalige Ampelregierung von SPD, FDP und Grünen gestellt. Die Ampel verständigte sich vornehmlich aus Kostengründen darauf, die Castor-Transporte nach Ahaus statt des Neubaus einer neuen Zwischenlagerhalle in Jülich zu favorisieren. Außerdem setzten die Ampelfraktionen im Haushaltsausschuss des Bundestags den Beschluss durch, die kostengünstigere Verbringung der Brennelemente nach Ahaus zu verfolgen, falls das Land NRW die Mehrkosten eines Neubaus in Jülich nicht tragen möchte.

Aus Anfragen unserer Bundestagsfraktion an die Bundesregierung wissen wir inzwischen, dass eine solche Absichtserklärung seitens des Landes NRW der Bundesregierung nicht bekannt ist. Tatsächlich haben die Grünen vor einigen Wochen im Umweltausschuss des Bundestags gemeinsam mit CDU/CSU, SPD und AfD gegen einen Antrag der Linken gestimmt, der zum Ziel hatte, die Atomtransporte von Jülich nach Ahaus zu stoppen und für eine verbesserte Zwischenlagerung am Standort in Jülich zu sorgen.

Es gibt auch eine Klage gegen die Castor-Transporte. Wie ist da der aktuelle Stand?

Die Umweltschutzorganisation Bund geht per Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht gegen die Castor-Transporte vor. Damit will der Bund erreichen, dass die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung erteilte Transportgenehmigung wiederhergestellt wird.

Für wie gefährlich halten Sie die Transporte?

Bei einem schweren Unfall – auf einer der Brücken – könnten die massiven und tonnenschweren Castor-Behälter beschädigt werden, was zu einer Freisetzung von Radioaktivität und einer Verseuchung der Umgebung führen könnte.

Wie gesprächsbereit zeigt sich die Landesregierung mit den Bürgerinitiativen vor Ort?

CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst und die zuständige Grünen-Ministerin Mona Neubaur haben den Menschen in NRW in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen, sich für eine Minimierung von Atomtransporten einzusetzen und im Fall der in Jülich lagernden Brennelemente die Option eines Neubaus eines Zwischenlagers in Jülich voranzutreiben. Die Realität sieht deutlich anders aus: Mona Neubaur eiert herum, und Hendrik Wüst sagt, er könne auf die Atommülltransporte gut verzichten, tut aber nichts dagegen.

Wer sind Ihre Bündnispartner? Wird es Proteste geben?

Die Linke arbeitet schon seit Jahren solidarisch mit der Bürgerinitiative in Ahaus, der Initiative »Sofortiger Atomausstieg«, dem Aktionsbündnis »Stop Westcastor« aus dem Jülicher Raum, dem Aktionsbündnis Münsterland, anderen Antiatominitiativen sowie Umweltverbänden wie dem Bund zusammen, um die Castor-Transporte zu verhindern. Neulich haben wir mit dem Aktionsbündnis »Stop Westcastor« eine gemeinsame Veranstaltung gemacht. Die Bürgerinitiative in Ahaus ruft für den 4. Oktober zu einer überregionalen Demonstration nach Ahaus auf, und weitere Aktionen werden folgen.

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