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Aus: Ausgabe vom 01.10.2025, Seite 4 / Inland
Spionageprozess in Dresden

Willkommener Schuldspruch

Exmitarbeiter von AfD-Politiker Krah wegen Spionage für China verurteilt
Von Kristian Stemmler
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Unter schwerer Polizeibewachung wurde der Beschuldigte Jian G. in den Gerichtssaal geführt (Dresden, 5.8.2025)

Wenn es gegen die AfD und zugleich gegen China geht, ist das für deutsche Leitmedien ein gefundenes Fressen. Mit Eilmeldungen und in großer Aufmachung berichteten sie am Dienstag über das Urteil gegen Jian G., einen ehemaligen Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah. Das Oberlandesgericht Dresden hat den Deutschen mit chinesischen Wurzeln wegen Spionage in einem »besonders schweren Fall« zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Staatsschutzsenat des Gerichts sah es als erwiesen an, dass G. für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet und unter anderem chinesische Oppositionelle ausgespäht hatte. Die Mitangeklagte Yaqi X. erhielt ein Jahr und neun Monate auf Bewährung.

Es stehe »außer Frage«, dass Jian G. Geheimdienstmitarbeiter gewesen sei, betonte der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats laut der Nachrichtenagentur AFP. Er habe mindestens seit 2007 Informationen gesammelt. Dieser Umstand sei unter anderem durch abgehörte Gespräche sowie durch Beweismittel belegt, wie die von der Mitangeklagten auf Anforderung von G. übermittelten Informationen, zum Beispiel zu Militärtransporten auf dem Flughafen Leipzig/Halle.

Seine Tätigkeit in Krahs Büro in Brüssel von 2019 bis 2024 nutzte G. dem Gericht zufolge, um Hunderte teils als »sensibel« eingestufte Dokumente an einen chinesischen Geheimdienst zu übermitteln, etwa zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und China oder der »kritischen Infrastruktur« in Europa. Dazu habe er Daten auf elektronischen Medien gespeichert und später wieder gelöscht. Es sei für G. »ein Leichtes« gewesen, die Dokumente über den Zugang in Krahs Büro abzugreifen, betonte Schlüter-Staats. Welchen Aussagewert die übermittelten Informationen tatsächlich hatten, führte der Richter nicht aus.

Dem Urteil zufolge war ein weiterer Schwerpunkt der Agententätigkeit von G. die Ausspähung chinesischer Oppositioneller in Deutschland, die er zu identifizieren versucht habe. Auch habe er Details über führende Politiker der AfD gesammelt und dabei auf Interna aus vertraulichen Gesprächen mit Krah zurückgegriffen. Dass diese Details wohl eher skurril als politisch relevant waren, hatte der Spiegel bereits zum Prozessauftakt enthüllt. Demnach hatte Krah seinem Assistenten anvertraut, von wem angeblich der Samen stammte, mit dem eines der Kinder der AfD-Chefin Alice Weidel und ihrer Partnerin gezeugt wurde.

Bundesanwalt Stephan Morweiser griff nach der Verhandlung zu einem Superlativ. Er sprach von dem »bisher schwerwiegendsten Fall chinesischer Spionage, der bislang in Deutschland aufgedeckt wurde«. Das Oberlandesgericht hatte es offenbar nicht ganz so dramatisch gesehen und war mit dem Strafmaß deutlich unter der Forderung der Bundesanwaltschaft geblieben, die für den deutschen Staatsbürger G. siebeneinhalb Jahre Gefängnis beantragt hatte. Seine Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Krah bemüht sich am Dienstag gegenüber dpa, jede Mitverantwortung für den Vorgang von sich zu weisen. Er sei von dem Urteil nicht überrascht, erklärte er. Bereits unmittelbar nach der Festnahme habe er »die nötigen Konsequenzen gezogen und die Sicherheit in meinem Büro deutlich erhöht«. Wie schon als Zeuge vor Gericht, betonte der AfD-Politiker, von einer Agententätigkeit seines Assistenten nichts gewusst zu haben. Durch den Prozess sei er dem Ziel näher gekommen, Klarheit zu gewinnen über die Machenschaften, »deren Opfer ich geworden bin«.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Irene Mihalic, nutzte die Gelegenheit, die AfD und China auf einen Schlag anzugehen. Das Urteil zeige deutlich, wie hoch die Gefahr sei, dass Menschen von »autokratischen Staaten wie China und Russland« in den sensibelsten Bereichen des deutschen Staates plaziert werden. »Krahs Versuche, das alles abzustreifen, sind lächerlich«, sagte die Grüne. Der AfD-Mann sei entweder selbst in die Sache verwickelt oder begreife »schlicht nicht, in welchen Zeiten wir leben und was sie für Anforderungen an Politiker stellen«.

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