Elendsgeschäft
Von Pierre Deason-Tomory
Der Wert eines Menschen wird erst seit dem Triumph der Freiheit im Kalten Krieg wirklich geschätzt. 1989 gründete sich in Essen die European Homecare GmbH und machte in Menschenhandel mit »Spätaussiedlern« aus der UdSSR. Weil Hunderttausende auch anderswo vor dem jäh ausgebrochenen Weltfrieden nach Deutschland flohen, erweiterte das Familienunternehmen sein Geschäftsfeld ums Asylbusiness. Derzeit verwertet es mehrere zehntausend Insassen in rund 120 Erstaufnahmeeinrichtungen, Ankunftszentren, Gemeinschaftsunterkünften, Abschiebegefängnissen und Wärmestuben.
Das Fließband mit den armen Teufeln läuft so gut, dass voriges Jahr ein Global Player den Laden geschluckt hat, die britische Aktiengesellschaft Serco. Diese verdient weltweit Milliarden mit öffentlichen Aufgaben, die ausgesourct wurden, um Aktionäre zu bereichern; im Portfolio hat sie ebenfalls Flüchtlingsheime und Knäste. Damit der Nachschub an Verzweifelten nicht stockt, baut Serco auch Bomben, darunter welche mit Atomsprengkopf, und der Profit landet bei Finanzgangsterbanden wie J. P. Morgan Chase und Blackrock. Seriöser erzählt Till Uebelacker im ARD-Radiofeature »Cash Cow Flüchtlingsheim« diese Geschichte, (WDR 2025, Do., 15.04 Uhr, HR 2 Kultur; Sa., 9.05 Uhr, SR Kultur 18.05 Uhr, Bremen Zwei; So., 13.04 Uhr, WDR 5, 20.03 Uhr, Bayern 2), die einen mit dem tröstlichen Gefühl zurücklässt, dass niemand auf dieser Erde so gering ist, als dass sein Elend nicht noch ein Schwein mästen könnte.
Wir schalten um zu den Pionieren, die sich vor einem halben Jahrhundert auf einer Block Party in der Bronx, New York City, einen Rhyme aufs Ghetto gemacht haben: »Bayern 2-Extra« startet die siebenteilige Serie »50 Jahre HipHop« (BR 2023, Di., 20.03 Uhr). Etwa vierzig Jahre liegt die kurze Ära des Westberliner Radio 100 zurück. DLF Kultur wiederholt im »Freispiel« am Donnerstag »Das ganze Chaos live – Zeitreise in die Gegenöffentlichkeit« (22.05 Uhr).
Im genannten Programm darf Hochwürden Lutz Nehk aus Berlin den Einheitsfeiertag einläuten, er andachtet am Freitag »Einigkeit und Recht und Freiheit – Was die Bibel davon hält« (7.05 Uhr, DLF Kultur) – schlanker Versfuß, Bruder! Die »Wissenschaft im Brennpunkt« hat über »Die schwarzen Europäer« herausgefunden, dass auch die hiesigen Ureinwohner Niggas waren. So wie olle Ötzi. Aber war Ötzi DJ? (Fr., 16.30 Uhr, DLF). Markus Metz und Georg Seeßlen haben in Gedenken an Charles M. Schulz (1922–2000) mit den Peanuts die Welt geschaut, Fazit: »Steck nie den Kopf in eine Hundehütte!« (DLF 2020, Sa., 12.04 Uhr, So., 15.04 Uhr, WDR 3). Der Kabarettist Wolfgang »Fifi« Pissecker wurde im Februar bedrohlich alt. Wir kondolieren, er will räsonieren am Samstag abend in seinem Solo »Na gratuliere. Von 16 bis 60!« (19.05 Uhr, So., 21.30 Uhr, Ö 1).
Im Anschluss bringen die ARD-Kulturradios Gaetano Donizettis 1833 verbotene, in dieser Fassung erst 2023 in Berlin uraufgeführte Lucrezia-Borgia-Oper »Dalinda«, mitgeschnitten im September im Royal Concertgebums in Amsterdam (Sa., 20.03 Uhr, BR Klassik, HR 2 Kultur, MDR Klassik, NDR Kultur, Radio 3, SWR Kultur, WDR 3). Während zur selben Zeit der Deutschlandfunk das »Hörspiel des Monats« von Sven Recker sendet, in dem ein krasser Außenseiter, »Der Afrik«, die Hauptrolle spielt (SWR 2025, Sa., 20.05 Uhr). Am Sonntag schließlich laufen die Ursendung »Auch wenn es dunkel ist« von Sharon On und Dirk Laucke (RBB 2025, 16 Uhr) und die erste von sieben Folgen der Serie »Crrowl – Rock ’n’ Roll Can Never Die« von Dirk Schmidt (Radio Bremen 2025, 18.03 Uhr, Bremen Zwei).
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