Widerstand gegen Abschiebepläne
Von Yaro Allisat
Großbritannien und Italien haben es versucht, nun will es die EU durchsetzen: eine Person gegen ihren Willen in ein Nicht-EU-Land abschieben, zu dem sie keinerlei Verbindung hat. Am 11. März dieses Jahres legte die EU-Kommission einen Vorschlag für ihre »Rückführungsverordnung« vor, die noch von Rat und Parlament beschlossen werden muss. Doch dagegen regt sich Widerstand – mehr als 200 Organisationen veröffentlichten Mitte September einen Appell, der dessen Ablehnung fordert. Ende vergangener Woche hatten bereits 243 Gruppen ihre Unterschrift darunter gesetzt.
Der Vorschlag der Kommission sieht zudem die Einrichtung sogenannter Rückführungszentren, also Haftanstalten, außerhalb der EU vor sowie die Erhöhung der Abschiebehaft von sechs auf zwölf, in Ausnahmefällen auf bis zu 24 Monate. Zwangsmaßnahmen gegen Geflüchtete wie der Entzug von Arbeitserlaubnissen oder Leistungskürzungen sowie Verschärfungen von Einreiseverboten nach der Abschiebung sind ebenfalls geplant. Die Verordnung, so der Verein Pro Asyl in einer Mitteilung, »setzt auf Zwang, traumatisierende Maßnahmen und massenhafte Rechtsverletzungen«. Die EU mache die Kriminalisierung, Überwachung und Diskriminierung Schutzsuchender zum Standardwerkzeug der Migrationspolitik, heißt es im Appell.
Laut der Onlineplattform »State Watch« hatte die damalige polnische EU-Ratspräsidentschaft bereits vor Veröffentlichung des Gesetzesvorschlags an die Delegationen der Mitgliedstaaten im Strategischen Ausschuss für Einwanderungs-, Grenz- und Asylfragen ein Papier verteilt, das die Diskussionen im Vorfeld beeinflussen sollte. So wurde darauf gedrungen, »die Rechtsgrundlage flexibel zu gestalten«, um eine gerichtliche Prüfung zu verhindern, »die die Umsetzung dieser innovativen Lösung gefährden könnte«. Denn Italien und Großbritannien waren mit ihren Plänen, die Abschiebehaftanstalten in Albanien beziehungsweise Ruanda vorsahen, an den nationalen Gerichten gescheitert. Die Idee nun: die Möglichkeit auf Rechtsschutz nehmen, damit Gerichte die Pläne nicht mehr verhindern können.
Demgegenüber argumentieren die Unterzeichner des Appells, dass der Vorschlag auf der falschen Annahme beruhe, »dass die Abschiebung die einzige Option für Personen sein sollte, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist oder widerrufen wurde«. Sie fordern neben erweiterten Genehmigungen die Bereitstellung regulärer Migrationswege in die EU. Die dänische Ratspräsidentschaft hat nun einen Kompromissvorschlag vorgelegt, allerdings in eine etwas andere Richtung. So soll die ursprünglich anvisierte Einheitlichkeit von Abschiebungsentscheidungen aufgeweicht und den Mitgliedstaaten größerer Spielraum eingeräumt werden, Anordnungen anderer EU-Länder abzulehnen oder zu ersetzen. Was sogenannte freiwillige Rückführungen angeht, sollen die Regierungen ebenfalls einen größeren Ermessensspielraum erhalten, wie das Nachrichtenportal Euractiv vergangene Woche berichtete. Laut einem internen Vermerk, von dem das Portal am Montag schrieb, unterstützten die Mitgliedstaaten die Prüfung rechtlicher Möglichkeiten, um Frontex die Organisation von »Rückführungen aus Drittländern in andere Drittländer« zu ermöglichen – der EU-Grenzagentur also, die in den vergangenen Jahren vor allem mit dem Vorwurf illegaler Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen im Mittelmeer aufgefallen ist.
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