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Aus: Ausgabe vom 29.09.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Ab in die Fabrik

Zu jW vom 24.9.: »Nächster Aufrüstungshaushalt«

Die Finanzierung des Verteidigungsetats bezahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit in Zukunft immer höheren Steuern und Abgaben. Gleichzeitig wird die Rente gekürzt und das Bürgergeld auch. Da in absehbarer Zeit immer mehr Menschen in den Ruhestand wechseln werden, muss hier die Frage gestellt werden, wer dann für das so dringend benötigte Wirtschaftswachstum sorgen soll, welches ja zu großen Teilen aus den unteren bis mittleren Einkommen generiert wird. Die Lösung ist allerdings so einfach wie makaber: Wir arbeiten alle in der Rüstungsindustrie und fertigen Granaten, Bomben, Raketen, Panzer und was da sonst noch gebraucht wird, um Menschen und Infrastruktur zu töten und zu zerstören. Denn getötet wird bekanntlich auf beiden Seiten. Das würde aber schlussendlich bedeuten, dass wir für unser Einkommen bezahlen! Denn über die Steuern und Abgaben wird schließlich der Krieg finanziert. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Das Problem ist nur: Wenn wir alle in der Rüstung arbeiten, wer produziert den Rest an Dingen, die wir brauchen? Richtig: Da gibt es dann einen Antrag auf Befreiung vom Rüstungsdienst für systemrelevante wichtige Tätigkeiten. Also ab in die Fabrik und fleißig Bomben bauen!

Olaf Perau, Uelzen

Mannschaft und Reeder

Zu jW vom 24.9.: »IG Metall: Neuer Realismus in der Industrie- und Handelspolitik nötig«

Gewerkschaften wurden einst gegründet, um den Arbeitenden mehr Widerstandskraft gegen die sie peinigende Macht des Kapitals zu verleihen. Zunächst erbittert bekämpft, entwickelte das Kapital als bessere Strategie die der Einbindung der Gewerkschaftsführungen: Man gab ihnen das Gefühl, Ratschläge erteilen und wenigstens für einen Moment die besseren Kapitalisten sein zu können. Die vorliegende Erklärung spricht Bände davon, wie bemüht diese Führungen darum sind, »unseren« Kapitalismus zu retten, damit das Kapital getrost das Boot weiter gen Abgrund steuern kann. Denn wer Kapitän ist und wer Leichtmatrose: Das blieb und bleibt ja unverändert, wenn der Leichtmatrose nicht versteht, warum und wie der das Ruder in die eigenen Hände bekommen muss. Damit der Kurs der Mannschaft dient und nicht dem Reeder.

Joachim Seider, Berlin

Märtyrerkitsch

Zu jW vom 23.9.: »Trump ruft nach Rache«

Die Vereinigten Staaten sind ein großes Land. So groß, dass dort sogar die Demokratie Platz hatte – bis sie jetzt im Footballstadion beerdigt wurde. Fünf Stunden liturgisches Dauerfeuer, Kreuzschleppen, Märtyrerkitsch, Tränen im Weißkittel – und mittendrin der Präsident, der sich aufführte wie eine Mischung aus Kaiser Nero und Fernsehprediger auf Speed. Charlie Kirk, zu Lebzeiten Social-Media-Provokateur, wird posthum zu Jesus hochgejazzt. Die Witwe verzeiht christlich dem Mörder, da tritt Trump ans Mikro und brüllt, was sein Herz begehrt: »Ich hasse meine Gegner.« Schön, wenn einer noch Gefühle zeigt.

Während Kardinäle die Bibel durch die MAGA-Brille deuten und Minister den »spirituellen Krieg« ausrufen, sitzt das Volk auf den Rängen, schwenkt Fähnchen und glaubt, es sei beim Super Bowl. In Wahrheit aber läuft eine Generalprobe für die Machtergreifung. Mit Nebelmaschinen, Pathos und der rhetorischen Eleganz eines Vorschlaghammers. Die Opposition? Wird zu Terroristen erklärt. Die Justiz? Eine Abrissbirne im Werkzeugkasten des Weißen Hauses. Die Wahrheit? Ein Relikt, so antiquiert wie die CD. Aber keine Sorge: Künstliche Intelligenz produziert Deepfakes von Bob Dylan beim Trauermarsch, und so bleibt das Volk bestens unterhalten.

Man muss die Amerikaner bewundern: Wo andere Länder mühsam ihre Diktaturen verstecken, macht man hier eine Gala daraus. Demokratieabbau mit Feuerwerk, Demokratieverachtung mit Stadionchor. Orwell hat gewarnt, Hollywood liefert die Regie – und der Präsident gibt den Clown, der sein Publikum so sehr verachtet, dass es ihn dafür liebt. Wer wissen will, wie die Republik stirbt, muss nicht in Geschichtsbücher schauen. Er muss nur die amerikanischen Nachrichten einschalten. Dort gibt es Tote, Tränen, Trompeten – und die Versicherung, dass alles nur zu unserem Besten geschieht.

Am Ende der Show steht dann ein Land, das seine Freiheit mit einem Kreuz aus Holz und einem Sargdeckel aus Sternen schmückt. Und wir Europäer? Wir starren gebannt hinüber, wie man auf einen Autounfall schaut: entsetzt, aber fasziniert. Und ein bisschen neidisch – denn so spektakulär schaffen wir unseren Untergang nie.

Istvan Hidy, Stuttgart

KI als Werkzeug

Zu jW vom 25.9.: »Digitale Repression«

Der Beitrag zeigt sehr treffend, wie Algorithmen und KI eingesetzt werden, um Meinungsfreiheit einzuschränken und linke Bewegungen zu schwächen. Besonders die Beispiele zum Shadowbanning palästinensischer Inhalte machen deutlich, wie bedrohlich diese Entwicklung ist. Dennoch wirkt manches überzeichnet: Unterdrückung ist nicht nur eine gezielte Klassenstrategie, sondern auch Ergebnis von Profitlogik, staatlichen Vorgaben und technischer Willkür. Auch andere politische Strömungen sind betroffen. Polemische Begriffe wie »digitaler Mord« verdecken hier eher die Analyse. Trotzdem: Die Warnung ist wichtig. KI darf nicht Konzernen und autoritären Staaten überlassen werden. Wir brauchen Transparenz, demokratische Kontrolle und kritisches Bewusstsein. Denn KI ist nicht nur ein Werkzeug der Repression – sie kann auch ein Werkzeug der Befreiung sein. So wie Elektrifizierung oder das frühe Internet ganze Gesellschaften prägten, hat KI das Potential, Menschen zu stärken, wenn wir lernen, sie klug und kritisch zu nutzen.

Michael Fuchs, Berlin

Fünf Stunden liturgisches Dauerfeuer, Kreuzschleppen, Märtyrerkitsch, Tränen im Weißkittel – und mittendrin der Präsident, der sich aufführte wie eine Mischung aus Kaiser Nero und Fernsehprediger auf Speed.

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