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Aus: Ausgabe vom 27.09.2025, Seite 6 / Ausland
Atomstreit

Sanktionen auf Abruf

Atomstreit mit Iran: Frist zur Erfüllung weitreichender westlicher Forderungen läuft dieses Wochenende ab
Von Knut Mellenthin
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Anhörung im Sicherheitsrat: Bis zuletzt versucht sich Iran gegen die Erpressung zu wehren (New York, 19.9.2025)

Wenn nicht in letzter Stunde ein Wunder geschieht, das beim Stand der Dinge nur in weitgehenden iranischen Zugeständnissen bestehen könnte, treten am späten Sonnabend mit einem Schlag alle früheren Zwangsmaßnahmen gegen Iran wieder in Kraft, die vom UN-Sicherheitsrat in den Jahren 2006 bis 2010 beschlossen wurden. Genau betrachtet, hatte der Rat diese nie aufgehoben. Er hatte aber durch die am 20. Juli 2015 beschlossene Resolution 2231 ihre Laufzeit verkürzt und ihren Inhalt abgeschwächt. Dadurch sollte das fünf Tage vorher unterzeichnete Wiener Atomabkommen (JCPOA) unterstützt werden. So ließ die Resolution 2231 zum Beispiel ein Waffenembargo gegen Iran vorzeitig zum 18. Oktober 2020 auslaufen.

Als Sprengsatz zur jederzeitigen Selbstzerstörung war aber in die Resolution 2231 der sogenannte Snapback-Mechanismus eingebaut. Jeder Unterzeichner des JCPOA, der dem Sicherheitsrat als ständiges Mitglied mit Vetorecht angehört – das sind die USA, Frankreich und Großbritannien sowie theoretisch auch China und Russland, die daran aber nicht interessiert sind –, darf jederzeit auf den Knopf drücken, indem er behauptet, Iran habe Verpflichtungen, die sich aus dem JCPOA oder aus den allgemein üblichen Vereinbarungen mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), einer in Wien ansässigen Unterorganisation der UNO, ergeben, nicht erfüllt. Ein Veto anderer Unterzeichner des JCPOA gegen den Griff nach dem »Snapback-Mechanismus« ist nicht möglich.

Ob Iran sich wirklich etwas hat zu Schulden kommen lassen, ist bei der Zündung dieses Sprengsatzes unerheblich, weil der Vorwurf nicht geprüft werden muss. Zwischen dem Knopfdruck und der Explosion liegt lediglich eine mehrwöchige Prozedur, die man als Abkühlungsfrist verstehen kann: Iran bleibt die Option, in der Sache nachzugeben. Im aktuellen Fall haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die zusammen als »E 3« bezeichnet werden, den Knopf am 28. August 2025 gedrückt. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, denn der »Snapback-Mechanismus« gilt nur noch bis zum 18. Oktober dieses Jahres.

Die Sanktionen, um deren Wiederbelebung es geht, sind Inhalt der Resolutionen 1737 vom 23. Dezember 2006, 1747 vom 24. März 2007, 1803 vom 3. März 2008 und 1929 vom 9. Juni 2010. Sowohl die Zwangsmaßnahmen als auch die zu ihrer Überwachung durchgesetzten Mittel wurden von Mal zu Mal verschärft. China und Russland stimmten allen Resolutionen gegen Iran zu. Für eine diplomatische Lösung des Konflikts war diese Strategie denkbar destruktiv, weil immer die völlige Einstellung der iranischen Anreicherungstätigkeit als Voraussetzung einer Einigung gefordert wurde. Eine derartige Verpflichtung enthält der Atomwaffensperrvertrag, dem Iran 1970 beitrat, jedoch nicht. Iran war also jahrelang mit dem Versuch konfrontiert, ihn einem diskriminierenden Sonderrecht zu unterwerfen.

Inhalt der vom Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen waren unter anderem durch Resolution 1929 ein vollständiges Waffenembargo gegen Iran und das Verbot iranischer Investitionen in Atom- und Raketentechnologie im Ausland, einschließlich des Uranabbaus. Verboten wurde dem Iran durch diese Resolution außerdem jede Aktivität im Zusammenhang mit ballistischen Raketen. Auch im Bereich der Durchsetzungsmaßnahmen ging Resolution 1929 am weitesten. So wurden alle Staaten aufgefordert, auf ihrem Territorium Schiffe zu inspizieren, auf denen gegen die Sanktionen verstoßendes Frachtgut vermutet wurde, und solchen Schiffen alle Dienstleistungen zu verweigern.

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