Näher beim Reichstag
Von Max Ongsiek
Am Freitag hat das Berliner Landgericht II im Streit zwischen der AfD und dem Vermieter der Räumlichkeiten der Bundesgeschäftsstelle ein Urteil gesprochen. Es verpflichtet die Partei zum Auszug aus den Räumlichkeiten bis zum Herbst 2026. Im Gegenzug ist die vom Vermieter ausgesprochene fristlose Kündigung vom Tisch. Die Partei muss nun nach neuen Büroräumen suchen, sprach in einer Mitteilung nach dem Urteil aber trotzdem von einem »juristischen Erfolg«. Der Urteilsverkündung war eine Verhandlung am vergangenen Freitag vorausgegangen, bei der es zu keiner Einigung zwischen dem Vermieter und dem AfD-Vertreter Kay Gottschalk gekommen war. Statt dessen lieferten sich Kläger und Beklagte Wortgefechte.
Anlass des juristischen Streits war die Auseinandersetzung um die Wahlparty am Tag der Bundestagswahl im Februar. Die sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen, erklärte der Vermieter in der vergangenen Woche im Gerichtssaal. Außerdem missfiel dem Eigentümer das an die Hauswand projizierte großflächige Parteilogo. Da die AfD aus seiner Sicht gegen im Mietvertrag vereinbarte Vorgaben verstieß, sprach er eine fristlose Kündigung aus. Schon am vergangenen Freitag hatte der Richter signalisiert, dass das Parteifest auch aus seiner Sicht vertragswidrig war.
Dieser Standpunkt wurde auch im Urteil bekräftigt – allerdings mit einer Einschränkung. Zwar sei die Nutzung von Hof und Fassade vertragswidrig, da sie nicht zum Mietverhältnis gehöre und keine Genehmigung vom Vermieter eingeholt worden sei. Aber die ausgesprochene fristlose Kündigung sei trotzdem unwirksam: Vermieter Lukas Hufnagl habe die Partei nicht erfolglos abgemahnt. Somit greife lediglich das im Vertrag vereinbarte Sonderkündigungsrecht.
Die Partei muss den Großteil der Räumlichkeiten im Eichhorster Weg in Berlin-Reinickendorf zum 30. September 2026 räumen. Die restlichen Mietflächen muss sie bis spätestens zum 31. Dezember 2026 verlassen haben, so das Urteil. Die Partei hat damit ein gutes Jahr Zeit, um sich eine neue Parteizentrale zu suchen – trotz zahlreicher leerstehender Büroflächen in Berlin und einer gut gefüllten Parteikasse vermutlich keine ganz einfache Aufgabe für die Rechtsaußenpartei.
»Das Gericht hat unsere Rechtsauffassung wie erwartet bestätigt: Die fristlose Kündigung war juristisch unbegründet und wurde heute vollkommen zu Recht abgewiesen«, erklärte Gottschalk, der Prozessvertreter und stellvertretende Parteisprecher. Die ordentliche Kündigung habe man »akzeptiert«. Eine neue Immobilie solle »näher am Reichstag« liegen, wie der AfD-Politiker ausführte.
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