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Aus: Ausgabe vom 26.09.2025, Seite 16 / Sport
Schach

Die Röntgenbatterie

Das Schachturnier Grand Swiss in Samarkand in Usbekistan
Von Sören Bär
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Beim Grand-Swiss-Turnier in Samarkand (Usbekistan) lieferten sich Legionen von Weltklassespielern einen erbitterten Fight um zwei ausgelobte Qualifikationsplätze für das WM-Kandidatenturnier 2026. Überraschend befanden sich nach neun von elf Runden unter den vier mit 6,5 Zählern führenden Spielern neben Anish Giri (Niederlande) und Alireza Firouzja (Frankreich) mit Vincent Keymer und Europameister Matthias Blübaum zwei deutsche Akteure. Schicksalhaft verlief das innerdeutsche Duell im zehnten Durchgang: In einem Endspiel mit beiderseits Turm und Springer verfügte der mit den weißen Steinen spielende Keymer über einen Mehrbauern und exzellente Gewinnchancen, übersah jedoch im 54. Zug Blübaums Straßenkämpfertrick 54…Sxg3!, womit dieser den Bauern zurückeroberte und sich ein eminent wichtiges Remis sicherte. Der Partiegewinn hätte Keymer wahrscheinlich das Kandidatenticket gesichert. Während sich Firouzja und Giri ebenfalls remis trennten, schloss Hans Niemann (USA) durch einen Sieg gegen den Inder Rameshbabu Praggnanandhaa auf.

In der elften und letzten Runde wehrte Blübaum alle Versuche Firouzjas, die Partie zu verschärfen, souverän ab und lenkte in ein remises Turmendspiel ein. Zwischen Erigaisi und Keymer entwickelte sich ein spannendes Kräftemessen mit heterogener Materialverteilung, das letztlich unentschieden endete. In seiner Partie gegen Niemann nutzte Giri als Anziehender die Gunst der Stunde und baute aus einer komfortableren Position immer mehr Druck auf, unter dem Niemann schließlich zusammenbrach und eine »petite combinaison« zuließ. Damit gewann der 31jährige die Partie und avancierte mit acht Punkten aus elf Runden zum alleinigen Sieger und Qualifikanten für das Kandidatenturnier. Die beste Feinwertung der drei Spieler mit 7,5 Zählern besaß der 28jährige Blübaum, der damit als erst dritter Deutscher nach Robert Hübner und Wolfgang Uhlmann in die Kandidatenkämpfe einzog. Hübner und Uhlmann hatten sich beide 1970 beim Interzonenturnier in Palma de Mallorca (Spanien) hinter dem späteren Weltmeister Robert James (»Bobby«) Fischer erstmals qualifiziert. Hübner gelang dies 1990 beim Interzonenturnier im philippinischen Manila letztmals. Auch Vincent Keymer agierte wie bei seinem Turniersieg in Chennai (Indien) stark, schaffte ebenfalls 7,5 Punkte und katapultierte sich in der Weltrangliste auf Platz acht. Aufgrund schlechterer Wertung hatte er im Kandidatenrennen wie der drittklassierte Firouzja das Nachsehen. Wie hart das Turnier war, zeigt das Abschneiden von Weltmeister Dommaraju Gukesh (Indien). Nach gutem Start mit 2,5 aus 3 wurde er dreimal in Folge geschlagen. Erst durch zwei abschließende Siege konnte er den Schaden begrenzen und sich mit sechs Zählern noch auf Platz 43 retten. Dennoch fiel er auf Rang elf der Weltrangliste zurück.

Arjun Erigaisi–Matthias Blübaum

FIDE Grand Swiss, Samarkand, Runde 7, 11. September 2025 – Katalanisch [E06]

1.c4 e6 2.g3 d5 3.Lg2 Sf6 4.d4 Le7 5.Sf3 O-O 6.O-O dxc4 7.Dc2 (Noch in Runde 5 hatte Erigaisi hier 7.Se5 gezogen und damit Nikita Witjugow geschlagen.) 7…c6 (Statt 7…a6 wählt Blübaum eine seltene Fortsetzung.) 8.Dxc4 (Die folgende Expansion ließ sich mit 8.a4 eindämmen.) 8…b5 9.Dd3 (Etwa gleichwertig sind 9.Dc2 und 9.Db3.) 9…Sbd7 10.Le3 (Weiß möchte …c6-c5 erschweren und plant 11.Sbd2 und 12.Tc1.) 10…Sd5 11.Ld2 N (Neuerung: Erigaisi will das Läuferpaar behalten, doch besser war 11.Tc1 Lb7 12.Sbd2 +/=.) 11…Lb7 12.Sc3 b4 13.Se4?! (Weiterhin gegen …c6-c5 gerichtet, aber 13.Sxd5 cxd5 14.Db5! war hochwertiger.) 13…Db6 14.Dc2?! (Weiß wollte 14.Tfc1 La6 15.Dc2 Lxe2 nicht zulassen, er verfügte allerdings über die »Ausrede« 16.Seg5! g6 17.Lxb4! Sxb4 18.Dxe2 +/=.) 14…c5! (Damit erlangt Blübaum vollwertiges Spiel.) 15.Sfg5 g6 16.dxc5 Sxc5 17.Sxc5 Dxc5?! (Offenbar war Blübaum auf Remis »programmiert«, denn er konnte mit 17…Lxc5! 18.Se4 Ld4 19.Lh6 Tfd8 20.Tac1 Tac8 =/+ die Initiative übernehmen.) 18.Db3 (Weicht dem Damentausch aus, doch objektiv war 18.Dxc5 Lxc5 19.Tac1 Tfc8 20.Sf3 = präferabel.) 18…Tac8 19.Tac1 Db5 20.Txc8 Txc8 21.Df3 De8 22.De4 (Verhindert 22…Tc2.) 22…Tc7 (22…Dc6! mit der Idee 23…Dc2 war stärker.) 23.Dh4 h5 24.Dd4 Dd8 (Die subtile Idee 24…Td7! 25.Le3 Dd8! mit den Drohungen 26…Lxh4 und 26…Sc3 hätte Weiß vor erhebliche Probleme gestellt.) 25.h4 Td7! 26.Dxa7?? (Statt diesen vergifteten Bauern zu nehmen, hätte Erigaisi 26.Lf4 ziehen müssen.) 26…La8! -+ 27.Sxe6 (Ein Kamikazeopfer, das zum Scheitern verurteilt ist. Hatte Erigaisi übersehen, dass er nach 27.Dd4 Sf6! -+ aufgrund der Röntgenstrahlung der schwarzen Turm-Dame-Batterie den Ld2 einbüßt?) 27…fxe6 28.Da4 Sb6 29.Dc2 Kf7 30.Lh6 Lxg2 31.Kxg2 Da8+ 32.Kg1 Dxa2 33.Dc6 Da5 (Der Rest ist Agonie.) 34.Lg5 Dc5 35.Df3+ Df5 36.Dc6 Dc5 37.Df3+ Kg7 38.Le3 Dd6 39.g4 Sc4 40.gxh5 Sxe3 41.fxe3 Lxh4 42.Kg2 Dd5 43.e4 Dxh5 44.Df8+ Kh7 45.Tf7+ Txf7 46.Dxf7+ Kh6 47.Df8+ Kg5 48.Dc5+ Kg4 49.De3 De5 50.Df3+ Kg5 51.Kh3 Df4 0:1.

Der Kulminationspunkt: Nachdem Arjun Erigaisi mit 26.Dxa7?? den vergifteten Bauern a7 ­geschlagen hat, gewinnt Matthias Blübaum mit 26…La8! eine Figur.

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