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Aus: Ausgabe vom 26.09.2025, Seite 15 / Feminismus
Reproduktive Rechte

Mein Körper, meine Entscheidung

Am Safe Abortion Day wird sicherer Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen weltweit gefordert
Von Yaro Allisat
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»Hände weg von meinen Rechten«: Der sogenannte Marsch für das Leben kann nicht ungestört durch Köln ziehen (20.9.2025)

Es könnte ein sicherer medizinischer Standardeingriff sein. Trotzdem finden weltweit 45 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche unter unsicheren Bedingungen statt, so aktuelle Zahlen der Weltgesundheitsorganisation. Am International Safe Abortion Day, dem Internationalen Tag für sichere Schwangerschaftsabbrüche, machen sich Beratungsstellen, Bildungsinitiativen und Aktivistinnen weltweit für die Rechte von ungewollt Schwangeren stark.

Erstmals wurde der 28. September im Rahmen des V. Feministischen Treffens Lateinamerikas und der Karibik, das 1990 in Argentinien stattfand, zum Tag für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen erklärt. Die brasilianische Delegation hatten den Vorschlag eingebracht, um an den 28. September 1881 zu erinnern, als die abolitionistische Bewegung Brasiliens das »Gesetz des freien Mutterleibs« durchsetzen konnte. Damit wurden die Kinder von Sklavinnen rechtlich zu freien Menschen erklärt.

Obwohl reproduktive Selbstbestimmung ein Menschenrecht ist, haben viele Personen keine andere Wahl, als unsichere Schwangerschaftsabbrüche vornehmen zu lassen und damit nicht nur Strafverfolgung bis hin zu Gefängnisstrafen zu riskieren. Diese Abtreibungen sind laut Amnesty International die dritthäufigste Todesursache bei Müttern weltweit.

In den vergangenen 25 Jahren haben mehr als 50 Länder die Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen liberalisiert. So wurden 2022 in Argentinien, Nordirland und Südkorea Abbrüche entkriminalisiert. Frankreich nahm das Recht darauf im vergangenen Jahr als erstes Land weltweit in seine Verfassung auf. Allerdings zeichnet sich ein Rollback ab, so die Internationale Initiative 28. September. Rechte, nationalistische, religiös-fundamentalistische und autoritäre Kräfte führten gut finanzierte Kampagnen durch, um den Zugang zu Abbrüchen zu beschränken, Desinformation zu verbreiten und die jahrzehntelangen Fortschritte der Pro-Choice-Bewegung rückgängig zu machen. Erfolg hatten sie damit in den USA, wo der konservativ dominierte Supreme Court im Juni 2022 die Entscheidung im Fall Roe gegen Wade kippte. 1973 hatte der Oberste Gerichtshof im Fall der jungen Mutter Norma McCorvey, bekannt unter dem Pseudonym Jane Roe, entschieden, dass das Recht der Mutter auf Selbstbestimmung über dem Recht des Ungeborenen auf Leben stehe. Der Entscheidung 2022 folgten große Demonstrationen für das Abtreibungsrecht in den USA. Obwohl einige Gerichte der Bundesstaaten, wie beispielsweise in Wisconsin, in den vergangenen Monaten Abtreibungsverbote kippten, war das Urteil des Supreme Court ein herber Rückschlag für die reproduktiven Rechte von Frauen in den USA.

In Argentinien wird die Zeit unter Präsident Javier Milei ebenfalls wieder zurückgedreht: Gekürzt wurde bei der zentralen Verteilung von Arzneimitteln für einen medikamentösen Abbruch sowie bei der Finanzierung von Verhütungsmitteln. In Rio de Janeiro müssen laut einem Gesetz vom Juni dieses Jahres in öffentlichen Kliniken und Krankenhäusern Plakate gegen Schwangerschaftsabbrüche hängen. Etwa mit der Aussage: »Wussten Sie, dass das ungeborene Kind als Krankenhausabfall entsorgt wird?« Polen hat Abbrüche faktisch verboten, in Ungarn müssen Schwangerschaften seit vielen Jahren zentral registriert werden. In Italien verweigern zwei Drittel der Gynäkologen, Abtreibungen durchzuführen. Und hierzulande gibt es viele Lippenbekenntnisse zur Entkriminalisierung, Abbrüche sind aber nach wie vor laut Strafgesetzbuch rechtswidrig, und bleiben lediglich bis zur 12. Woche straffrei, wenn Betroffene eine Pflichtberatung und Wartezeit von drei Tagen hinter sich gebracht haben.

Laut der Initiative 28. September hat die Verschärfung System: »Regierungen geben massiv öffentliche Gelder für Militarisierung, Überwachung und Kriege aus, anstatt in die Gesundheitsversorgung zu investieren«, heißt es im diesjährigen Aufruf. Aber wie die zahlreichen Pro-Choice-Aktionen in 84 Ländern zeigen, sind die Frauen weltweit entschlossen, sich ihre Rechte nicht nehmen zu lassen.

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