Trumpisten erobern Tik Tok
Von Lars Pieck
Präsident Donald Trump wird diese Woche bekanntgeben, dass eine Vereinbarung zur Übernahme des Unternehmens Tik Tok USA durch amerikanische Investoren die Anforderungen eines Gesetzes aus dem Jahr 2024 erfüllt. Zu den Investoren gehören Oracle, die Private-Equity-Firma Silver Lake, die Unternehmer Larry Ellison und Michael Dell sowie möglicherweise Lachlan Murdoch. Gemeinsam werden sie rund 80 Prozent der US-Version von Tik Tok kontrollieren, während Byte Dance und andere chinesische Investoren weniger als 20 Prozent halten. Die US-Regierung würde keine Anteile übernehmen und keinen Sitz im Vorstand erhalten. Oracle übernimmt die Überwachung der Datensicherheit und des Algorithmus, und alle Nutzerdaten sollen ausschließlich in den USA gespeichert werden, um Byte Dance keinen Zugriff zu gewähren.
Die US-Version von Tik Tok wird von einem Vorstand mit Experten für nationale Sicherheit und Cybersicherheit geleitet, wobei Byte Dance nur einen Direktor stellt, der vom Sicherheitsausschuss ausgeschlossen ist. Die endgültige Investorenstruktur ist noch offen, doch die USA sind zuversichtlich, dass China dem Deal zugestimmt hat. Es werden nur noch zusätzliche Unterlagen benötigt, heißt es. Eine neue Version des Tik-Tok-Algorithmus wird unter Aufsicht von Oracle und der US-Regierung neu trainiert, während Nutzer weiterhin über die bekannte App auf den Dienst zugreifen können. Byte Dance lizenziert den bestehenden Algorithmus an das neue Unternehmen, das ihn für US-Nutzer neu erstellt. Präsident Donald Trump plant laut verschiedener Berichte, den Deal noch diese Woche per Dekret zu genehmigen, vorbehaltlich behördlicher Prüfung.
Seit Jahren gibt es nicht nur in den USA Bedenken, dass die chinesische Regierung unter der derzeitigen Struktur kontrollieren könnte, welche Inhalte rund 170 Millionen US-Nutzer auf Tik Tok sehen. Ein wachsender Anteil der US-Erwachsenen informiert sich regelmäßig über die Plattform. Seit 2020 ist der Anteil von drei Prozent auf etwa 17 Prozent im Jahr 2024 gestiegen, bei Erwachsenen unter 30 liegt er sogar bei 39 Prozent. Auch unter Tik-Tok-Nutzern selbst steigt der Nachrichtenkonsum: 52 Prozent geben an, regelmäßig News über die Plattform zu beziehen. Der Druck, die App zu verbieten, verstärkte sich nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Es gab US-Untersuchungen, wonach Videos mit propalästinensischen Hashtags weitaus mehr Aufrufe erhielten als solche mit proisraelischen. Etwa sechs Monate später verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das die App entweder verbieten oder einen Verkauf erzwingen sollte.
Noch bevor der Verkauf abgeschlossen ist, hat Tik Tok die Zensur von Inhalten, die Israels brutal voranschreitender Expansion im Nahen Osten kritisch gegenüberstehen, verstärkt und sich damit den politischen Einstellungen seiner potentiellen Eigentümer angeglichen. Die Ablehnung von Israels Krieg im Gazastreifen hat in den USA 60 Prozent erreicht, fast doppelt soviel wie die Zustimmungsrate von 32 Prozent.
Trump nahestehende Oligarchen kontrollieren wichtige US-Technologie- und Medienplattformen wie Open AI, Google, Meta, Palantir, CBS, HBO, große Teile von Condé Nast, zahlreiche Hollywoodstudios sowie Regionalzeitungen und Radiosender. Larry Ellison, Gründer von Oracle und zweitreichster Milliardär der USA, erweitert nun seinen Einfluss auf die Medienlandschaft, unterstützt durch die Unternehmensmanöver seines Sohnes David Ellison, dessen Firma Skydance kürzlich mit Paramount fusionierte und so CBS unter Kontrolle brachte. Unter Ellisons Einfluss geht CBS stark nach rechts, etwa durch die geplante Berufung der fanatischen Zionistin Bari Weiss und die Ernennung des ehemaligen Trump-Beraters Kenneth Weinstein zum Ombudsmann.
Ellison prüft zudem den Kauf von Warner Bros. Discovery (inklusive CNN), wodurch ein Konglomerat aus CBS, CNN, Paramount Plus, HBO Max, Pluto und möglicherweise TikTok entstehen könnte. Dies würde eine beispiellose Medienkonsolidierung schaffen und erhebliche Auswirkungen auf demokratische Vielfalt und redaktionelle Unabhängigkeit haben.
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