Vollgas in die Katastrophe
Von Wolfgang Pomrehn
Deutschlands Meteorologen und Physiker schlagen Alarm: Die globale Erwärmung beschleunigt sich. In einem Worst-Case-Szenario könnten bis zur Jahrhundertmitte bereits drei Grad Celsius Temperaturanstieg im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erreicht werden. Das wäre noch einmal etwas mehr als eine Verdoppelung in lediglich 25 Jahren. Die bisherige Erwärmung hat hingegen 150 Jahre benötigt.
Vor 38 Jahren hatte in Westdeutschland eine gemeinsame Erklärung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft die öffentliche Debatte über Treibhausgase und den drohenden Klimawandel angestoßen. Nun wenden sie sich erneut an die Öffentlichkeit und machen darauf aufmerksam, dass auf die seit langem bekannten Gefahren nicht ausreichend reagiert wurde und wird. Auch hierzulande nicht.
In einer drei Grad wärmeren Welt drohen in Deutschland vermehrte Ernteausfälle durch Dürren und Starkniederschläge, mehr Hochwasser, höher auflaufende Sturmfluten und vor allem noch extremere Hitze. Die heißen Sommertage werden nicht nur mehr, sondern auch extremer. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes werden sie um zehn Grad Celsius heißer als in vorindustriellen Zeiten sein. Oder mit anderen Worten: Die Gesundheitsgefahren durch extreme Temperaturen werden weiter steigen, und zwar in großem Umfang. Schon jetzt sterben weltweit jährlich rund eine halbe Million Menschen an Hitze, und zwar nicht nur in tropischen und subtropischen Regionen, sondern auch hierzulande. 2024 gab es in Europa knapp 63.000 hitzebedingte Todesfälle, wie eine am vergangenen Montag im Fachblatt Nature veröffentlichte Untersuchung ergeben hat.
In gewissem Umfang kann die Gesellschaft sich an die Klimaveränderungen anpassen und zum Beispiel Städte begrünen, Deiche erhöhen, andere Kulturpflanzen anbauen und vieles andere. Doch hier passiert bisher viel zu wenig, schreiben die beiden Fachgesellschaften. Zudem sei das wenige, was unternommen werde, meist zu kurzfristig gedacht, zu technokratisch und beziehe zu wenig die Menschen ein. Aber die Anpassung hat ihre Grenzen, und deshalb müssen die Treibhausgasemissionen unbedingt drastisch und sehr schnell reduziert werden. »Jetzt ist nicht die Zeit zu resignieren«, sagte Johan Rockström, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung am Mittwoch vor der UNO. Um jedes Zehntel Grad Erhitzung müsse gekämpft werden.
Insbesondere auch hier, denn EU-Kommissarin von der Leyen verspricht den Einkauf von US-Frackinggas im großen Stil, während die Bundesregierung Milliardensummen für den Bau von 40 neuen Gaskraftwerken verschwenden, die Energiewende ausbremsen und Jobs in der Windindustrie vernichten will. Obendrein versucht sie auch noch in der EU das Aus für Verbrenner zu kippen. Mit Vollgas in die Klimakatastrophe.
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