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Aus: Ausgabe vom 25.09.2025, Seite 4 / Inland
Haushaltsdebatte im Bundestag

Wortgefechte um Verteilung

Bundestag: Kanzler dementiert Kahlschlagpläne. AfD beklagt »Schuldenorgie« und Kosten für Kapitalisten. Linke gegen »Klassenpolitik von oben«
Von Marc Bebenroth
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Dem Kapital verpflichtet: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf der Regierungsbank im Plenarsaal (24.9.2025)

Neue Woche, selbe Bühne. Am Mittwoch hat der Bundestag den von der Regierung vorgelegten Entwurf für den Bundeshaushalt behandelt. Dieses Mal ging es um die geplanten Ausgaben für 2026. Die belaufen sich nach Angaben der Regierung von Union und SPD auf rund 520,5 Milliarden Euro. Über die Ausgaben wurde im Plenum, wie bei diesem Ritual üblich, nur vereinzelt gesprochen. So hielt auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine Grundsatzrede. Dabei erklärte er, dass die Volkswirtschaft der BRD auf Exportmärkte ausgerichtet ist und deshalb auf »offene Märkte« und eine »internationale Ordnung« angewiesen sei, um ihre »Wettbewerbsvorteile« ausspielen zu können.

Merz lobte sich und sein Kabinett dafür, Steuern für Kapitalgesellschaften zu senken und Abschreibungsmöglichkeiten zu erhöhen. Da es bei der »sozialen Marktwirtschaft« nicht um »Verteilung« gehe, sondern um »Wachstum«, werde die Regierung noch in diesem Jahr ein Konzept dafür vorlegen, wie die staatlichen Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums »vom Kopf auf die Füße« gestellt werden. »Auch die Sozialpolitik macht das Leben der Menschen besser«, sofern sie »mit einem klaren Blick auf die Wirklichkeit« und die demographische Entwicklung gemacht werde. Gegen ihn erhobene Vorwürfe, er plane einen Kahlschlag beim Sozialstaat, dementierte der CDU-Vorsitzende. Ziel seiner »Reformen« sei es, den Sozialstaat zu erhalten – wofür dieser auf seinen »Wesenskern« reduziert werden müsse.

Die Kosten für Unternehmen seien zu hoch, »Arbeit ist zu teuer«, klagte Tino Chrupalla. Staatliche Kreditaufnahme müsse »die Wirtschaft« stärken, forderte der AfD-Chef und kritisierte, dass der vorgelegte Etatplan für 2026 wieder große Ausgaben für »Migration« und den Sozialstaat vorsehe. So seien mehr als 127 Milliarden Euro als Zuschuss für die gesetzliche Rentenkasse geplant. Dies stehe im Widerspruch zu den vielen Beziehern von Armutsrenten in der BRD, die nach vielen Jahren der Lohnarbeit von ihrer auch noch mit Steuern belegten Rente nicht leben könnten. Die Arbeit, die für Kapitalisten »zu teuer« sei, lohne sich für die sie Leistenden nicht, beklagte Chrupalla. Dennoch ginge »es ohne Sparen nicht« angesichts der »Schuldenorgie« der Bundesregierung.

Die AfD-Kovorsitzende Alice Weidel forderte »dringend notwendige Reformen« der Sozialsysteme. Ihre demagogische Botschaft: Von Staat und Kapital unerwünschte Ausländer sowie auf staatliche Leistungen angewiesene Lohnabhängige seien die Ursache für die finanzielle Schieflage der öffentlichen Kassen. »Der Zustrom geht immer weiter und verschärft die Lage«, behauptete Weidel zur Migration. »Offene Grenzen und Sozialstaat schließen sich aus«, rief sie der linken Hälfte des Plenums entgegen.

Aus Sicht der Fraktion Die Linke beinhalte der vorgelegte Haushaltsplan nichts, was das Leben der Bevölkerung wirklich verbessert. Dabei sei »genau das« die Aufgabe der Regierung, sagte die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek. Mehr als vier Millionen Menschen lebten in Haushalten, die wegen nicht bezahlbarer Energierechnungen Kredite aufnehmen müssten. Der Plan der Bundesregierung sei es, bei Sozialleistungen zu kürzen, kritisierte Reichinnek. Sie »saniert mit dem Sondervermögen nicht unser Land, sondern ihren Haushalt«. Die indirekt angekündigten Kürzungen beim sogenannten Bürgergeld seien »Klassenpolitik von oben«, sagte die Linke-Abgeordnete und Parteivorsitzende Ines Schwerdtner. Milliardensummen, die für Schulen und Busse genutzt werden könnten, gingen in die Aufrüstung.

Im Wehretat sind für 2026 Ausgaben in Höhe von 82,69 Milliarden Euro geplant. Weitere in Höhe von 25,51 Milliarden sollen aus dem sogenannten Sondervermögen für die Bundeswehr bezahlt werden, also per Kreditermächtigungen. Daraus sind laut dem Haushaltsentwurf im nächsten Jahr allein Ausgaben von insgesamt rund 4,1 Milliarden Euro fällig. Rund 1,3 Milliarden davon sind allein für die Beschaffung von Fahrzeugen inklusive Zubehör vorgesehen, weitere rund 1,6 Milliarden Euro für die Beschaffung von Munition. Im laufenden Jahr sieht der vergangene Woche beschlossene Haushalt einen Militäretat von 62,43 Milliarden Euro und »Sondervermögen«-Gelder in Höhe von 24,06 Milliarden vor.

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