Rachegelüste gegen »Antifa«
Von Alex Favalli
Donald Trump war fest entschlossen. Am Montag abend (Ortszeit) hat der Präsident der Vereinigten Staaten seine Drohung wahr gemacht und alle oppositionellen Kräfte, die von ihren Gegnern mit »die Antifa« etikettiert werden, zur »militaristischen, anarchistischen Unternehmung« und Organisation des Inlandsterrorismus deklariert.
In seinem Dekret wirft der seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs über Recht und Gesetz stehende Präsident der »Antifa« koordinierte Bemühungen »zur Behinderung der Durchsetzung von Bundesgesetzen durch bewaffnete Konfrontationen mit Strafverfolgungsbehörden, organisierte Ausschreitungen, gewalttätige Übergriffe auf Beamte der Einwanderungs- und Zollbehörde und andere Strafverfolgungsbeamte« vor. Auch »routinemäßiges Doxing«, also das Veröffentlichen persönlicher Informationen wie Name, Adresse und Arbeitsstelle, sowie »Drohungen gegen Politiker und Aktivisten« werden genannt. Darüber hinaus verschleiere die »Antifa« ihre Finanzierungsquellen und Aktivitäten, um die Strafverfolgungsbehörden zu »frustrieren«. Die von der »Antifa« betriebenen Anstrengungen würden laut Dekret darauf abzielen, »politische Ziele durch Zwang und Einschüchterung zu erreichen«, und seien daher »inländischer Terrorismus«.
Das Netz der Repression wird weit ausgeworfen. Neben Einzelpersonen soll es auch mit ihnen assoziierte Organisationen erfassen. Im Fadenkreuz der Staatsmacht sind explizit nicht nur die behauptete Organisation namens »Antifa«, sondern auch jede »Person, die behauptet, im Namen von Antifa zu handeln« und jeder, der »für die Antifa oder eine Person, die behauptet, im Namen von Antifa zu handeln, materielle Unterstützung geleistet hat«. Einen Grund benötigten der Präsident und dessen Umfeld nicht, um eine Kampagne zur staatlichen Verfolgung der »Antifa« zu starten. Die Erschießung von Charlie Kirk bot aber den jüngsten Anlass dazu.
So hatte Trump den Beschluss vom Dienstag auf seiner Plattform »Truth Social« angekündigt, nachdem Kirk während eines PR-Auftritts auf dem Campus der Utah Valley University in Orem von einem Heckenschützen erschossen worden war. Kirk spielte eine zentrale Rolle bei der Rekrutierung junger Menschen für das Trump-Lager. Seine Onlineauftritte verzeichneten eine enorme Reichweite. Und wie schon faschistische Organisationen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Trump und die MAGA-Bewegung Kirk praktisch umgehend in den Rang eines Märtyrers erhoben. Die als Massenevent inszenierte Trauerfeier am Sonntag in einem randvollen Footballstadion nahe Phoenix im Bundesstaat Arizona diente vor allem diesem Zweck.
Da ersten Berichten zum Attentat zufolge auf Patronenhülsen, die dem Schützen zugerechnet wurden, antifaschistische Botschaften gestanden haben sollen, reagierte das extrem rechte Lager mit Rachegelüsten. Allen voran Trump. Die US-»Antifa«-Bewegung sei eine »kranke, gefährliche, radikale linke Katastrophe«, schrieb er auf »Truth Social« und versprach, »dass diejenigen, die ANTIFA finanzieren, gemäß den höchsten rechtlichen Standards und Praktiken gründlich untersucht werden«.
Noch ist die Ausgestaltung der rechtlichen Grundlage unklar. Angesichts der Bereitschaft Washingtons, Militäreinheiten in von der Demokratischen Partei kontrollierte Großstädte zu entsenden, um Aufstände niederzuschlagen – bzw. zu provozieren – und angeblich illegale Einwanderer zu jagen, fällt es nicht schwer, sich ähnliche Handlungen gegen »Antifa«-Unterstützer vorzustellen. »Er hasste seine Gegner nicht. Er wollte das Beste für sie. In diesem Punkt war ich anderer Meinung als Charlie«, sagte Trump auf der Stadionbühne am Sonntag. »Ich hasse meine Gegner, und will nicht das Beste für sie.« In den Niederlanden hat das Parlament »Antifa« als terroristische Vereinigung eingestuft. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte dies vergangene Woche ebenfalls an.
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