Nächster Aufrüstungshaushalt
Von Philip Tassev
Es war das übliche parlamentarische Trauerspiel. Im Rahmen der Haushaltsdebatte hat Vizekanzler, SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil am Dienstag den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 2026 im Bundestag vorgestellt. Das Ganze garniert mit Phrasen von »Wachstum«, »sozialem Zusammenhalt« und »Vertrauen der Menschen«. Lässt man die Floskeln beiseite, haben es Klingbeils Aussagen aber durchaus in sich. »Wer glaubt, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher, der irrt sich«. Von »großen Veränderungen« war die Rede. Die Regierung werde in den »nächsten Monaten« Entscheidungen treffen »müssen«, die »anstrengend und herausfordernd« seien, stimmte Klingbeil die Bevölkerung auf die kommenden Angriffe von oben ein.
Klingbeils Haushaltsentwurf sieht Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro und die Aufnahme von Krediten in Höhe von 174,3 Milliarden Euro vor. Dazu kommen die Ausgaben aus dem »Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz« (48,9 Milliarden Euro), aus dem »Sondervermögen« für Aufrüstung (25,5 Milliarden Euro) sowie aus dem »Klima- und Transformationsfonds« (35,7 Milliarden Euro).
Über das dickste Plus darf sich das Ressort von SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius freuen. Der Militäretat soll um mehr als 20 Milliarden Euro auf rund 82,7 Milliarden Euro steigen. Zusammen mit den Ausgaben aus dem »Sondervermögen für Aufrüstung« und weiteren Posten sollen die Rüstungsausgaben 2026 so eine Höhe von rund 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen.
Auf dem zurückliegenden NATO-Gipfel Ende Juni in Den Haag hatten sich die Mitgliedstaaten der Kriegsallianz selbst verpflichtet, die Militärausgaben bis 2035 auf 3,5 Prozent des BIP hochzuschrauben – plus 1,5 Prozent für »verteidigungs- und sicherheitsrelevante Bereiche wie Infrastruktur, Industrie und Resilienz«. Zur weiteren militärischen Unterstützung Kiews im Krieg gegen Russland sind im Entwurf 8,5 Milliarden Euro vorgesehen, plus 500 Millionen Euro Rückzahlungen aus der EU. Pistorius wollte zu diesem Zweck ursprünglich beinahe 16 Milliarden Euro.
Angesichts dieses starken Wachstums des Militäretats warf Dietmar Bartsch, (Die Linke), der Regierungskoalition in der Debatte »grenzenlose Aufrüstung« vor. »Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben, das sind die Schulden.« Dabei habe Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) noch im Wahlkampf neue Schulden ausgeschlossen. Er verwies darauf, dass große Teile der Bevölkerung, wie etwa viele Rentner, finanziell kaum über die Runden kämen: »Diese Menschen können weder Ihre Aufrüstungsphantasien finanzieren noch Ihre Haushaltslöcher mit Kürzungen füllen.« Bartsch forderte daher eine höhere Besteuerung großer Vermögen und eine Erbschaftssteuerreform. Eine Besteuerung nach dem Vorbild der USA, Großbritanniens oder Frankreichs könne Mehreinnahmen bis zu 120 Milliarden Euro bringen.
Der Grünen-Politiker Sebastian Schäfer unterstellte der Regierung Konzeptlosigkeit: »Sonntagsreden, Kommissionen, Widersprüche in der Koalition: bisher vor allem Bullshit und nichts Konkretes«. Der von Merz angekündigte »Herbst der Reformen« drohe so zu einem »Winter der Enttäuschungen« zu werden.
Leider irrt sich der Grüne, wenn er die Entscheidungen der Regierung nur auf Unfähigkeit zurückführen möchte. Der Haushaltsentwurf zeigt eine klare Linie: alles für die Aufrüstung. Und wer zig Milliarden Euro für Militär und Kriegsvorbereitung verpulvert, muss eben an anderer Stelle sparen.
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