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Englische Woche

Von Gabriele Damtew
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Fußball: Unser Leben

Englische Wochen sind keine Erfindung der Burgerketten – würde auch nur wenig Umsatzsteigerung bringen. Im deutschen Fußball-Duden (im Angelsächsischen existiert der Ausdruck nicht) bedeutet »englische Woche« für eine Mannschaft drei Ligaspiele innerhalb von sieben Tagen: meist Sonnabend, dann Dienstag bzw. Mittwoch und danach wieder Sonnabend respektive Sonntag. Klingt wenig für Leute, die eine 40-Stunden-Woche abschrubben oder mehr, aber viel für Hochleistungsathleten und deren Trainerstab im bezahlten Fußball. Das Phänomen selbst stammt natürlich von der Insel, wo schon seit über hundert Jahren aufgrund der vielen Pokalwettbewerbe unter der Woche gespielt wird und, will man es glauben, sogar am zweiten Weihnachtstag. Aber dazu mal später.

In der von mir betreuten dritten Liga stand wieder so eine Woche (schuld war der Spielausfall durch die WM-Quali der DFB-Auswahl) an, in der sich bekanntlich die Spreu vom Weizen oder auch der Bourbon vom Scotch trennt. Gewinner, Mittelmaß und Verlierer kristallisierten sich in besagter Woche heraus wie auf einer echten Whiskyverkostung, die mit Einheimischen auch schon mal eine Woche dauern kann.

Eindeutiger Gewinner war der SC Verl. Ein Verein, den viele behaupten nicht zu kennen, der allerdings das fünfte Jahr in Folge in der Liga sein Unwesen treibt. Fünfzehn Kilometer vom Lokalrivalen Bielefeld entfernt, der letzte Saison in die zweite Liga aufgestiegen ist. Meist unterschätzt, dennoch unbequem zu spielen. Zuweilen höflich als giftig bezeichnet. Am vorletzten Sonnabend begann der Siegeszug der Ostwestfalen. Auswärtssieg bei Hoffenheim II mit 4:2. Obwohl die gerade einen Lauf haben. Am folgenden Dienstag ein Heimsieg (2:1) gegen die hochmotivierte Alemannia aus Aachen. Am Sonntag folgte das Heimspiel gegen Energie Cottbus. Die hatten auswärts Waldhof Mannheim geschlagen (3:0) und das Ostderby gegen Erzgebirge Aue mit 2:1 gewonnen. Sechs Punkte standen für beide vor ihrer Begegnung zu Buche. Die Führung für Cottbus in der zweiten Halbzeit ging völlig in Ordnung. Dann zeigte sich wieder die schwer einschätzbare Qualität von Verl. Innerhalb von zwei Minuten drehte das Team von Tobias Strobl durch die Einwechslung des Berliners Chilohem Onuoha und dessen zwei Tore die Partie. Cottbus stand nach großem Einsatz am Ende dumm da.

Verlierer der englischen Woche war Erzgebirge Aue, das inzwischen schon die vierte Niederlage in Folge einstecken musste. Fraglich, ob bei Erscheinen dieser Kolumne der Trainer des »Kumpelvereins«, Jens Härtel, noch im Amt sein wird.

Tabellenführer Duisburg, der als einziger Verein bis letzten Sonntag aus sechs Spielen die maximale Ausbeute erzielt hatte, schwächelte ausgerechnet im Spiel bei Schlusslicht TSV Havelse (hatte Lok Leipzig in der Relegation zum Aufstieg besiegt). In der Nachspielzeit schlugen die Nordlichter eiskalt zum Ausgleich zurück und können sich als vorerst wieder Vorletzter irgendwie als Gewinner fühlen.

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