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Aus: Ausgabe vom 23.09.2025, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Medizin

Hirndoping

Forscher haben die Wirkung von EPO auf das Gehirn genauer untersucht
Von Felix Bartels
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Immer rin in die Olga

Erythropoietin, wörtlich übersetzt: Rotmacher. Das als EPO bekannte Hormon erlangte traurige Berühmtheit durch zahlreiche Dopingfälle im Ausdauersport. Heute scheint es aus dem Spiel, da mittlerweile ein direktes Nachweisverfahren existiert und auch der indirekte Nachweis durch Maßnahmen wie den Blutpass die heimliche Anwendung erschwert.

EPO ist ein körpereigenes Hormon. Es regt die Produktion von roten Blutkörperchen an. Da die Träger von Sauerstoff sind und Sauerstoff seinerseits die Muskeln mit Energie versorgt, hat EPO eine Schlüsselfunktion für jede physische Bewegung. Produziert wird das Hormon in dem Maß, in dem es gebraucht wird. Wo ein Körper unter Sauerstoffmangel leidet, stellt er mehr EPO her, wodurch sich der Anteil der roten Zellen im Blut erhöht. Aus diesem Grund haben Menschen, die dauerhaft in großer Höhe leben, auch einen höheren Hämatokritwert als Menschen, die knapp über dem Meeresspiegel wohnen.

Nun hat eine Forschungsgruppe um Liu Ye vom Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen untersucht, wie EPO sich auf die Funktionen des Gehirns auswirkt. Demnach beeinflusse das Hormon verschiedene Gene in Hirnzellen und fördere das Wachstum der Zellen, die die schützende Myelinhülle um Nervenfasern bilden. Durch die können Nervensignale effektiv und schnell übertragen werden.

Bekannt war die Wirkung von EPO als Hirndoping schon länger. Die MPI-Forscher untersuchten nun Effekte auf eine ganz bestimmte Sorte von Hirnzellen, die Oligodendrozyten. Diese umhüllen die langen Fortsätze von Nervenzellen, die Axone, mit besagter Myelinschicht. Erst diese Isolierschicht macht eine schnelle und störungsfreie Signalübertragung möglich. Die Gruppe stellte fest, dass Erythropoietin die Entwicklung und Reifung der Oligodendrozyten fördert – durch EPO werden die unreifen Vorläuferzellen zu vollständig ausgereiften myelinbildenden Zellen. Zudem zeigten Mäuse, denen ein bestimmter EPO-Rezeptor in reifen Oligodendrozyten fehlte, Störungen in der Myelin­struktur des Hippocampus – einem für Lernen und Gedächtnis wichtigen Hirnzentrum. Die betreffenden Tiere schnitten in Gedächtnistests schlechter ab. Weitere Analysen ergaben, dass die Präsenz von EPO einen deutlichen Einfluss auf die Genaktivität im Gehirn hat, was sich auf Zellreifung, Signalübertragung und kognitive Fähigkeiten auswirkt.

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