Methodische Fehler
Von Pierre Deason-Tomory
Zwei aufschlussreiche Meldungen hat der Newsletter des Dresdner Medieninstituts DIMBB vorige Woche nebeneinandergestellt. Die erste ist eine Nachricht auf tagesschau.de über eine repräsentative Studie, die den öffentlich-rechtlichen Anstalten große gesellschaftliche Bedeutung zuspricht. Bei der Frage, »welche gesellschaftlichen Einrichtungen einen Beitrag zum Zusammenhalt im Land leisteten«, hätten es ARD, ZDF und Deutschlandradio gemeinsam auf Platz vier geschafft. Dass es nur zwölf Ränge gab, bleibt unerwähnt, anders als die Behauptung: »Insbesondere beim Vertrauen in die journalistische Unabhängigkeit schneiden die öffentlich-rechtlichen Medien gut ab.« Genauer wird die Meldung hier jedoch nicht, und in der zehnseitigen Auswertung der Studie ist von »Vertrauen in die journalistische Unabhängigkeit« nirgendwo die Rede.
Zum Vertrauen in diese Studie lässt sich sagen, dass sie vom Leibniz-Institut für Medienforschung und zwei Partnern durchgeführt wurde – beauftragt von den untersuchten Sendern. In der Meldung, die im DIMBB-Newsletter unter der gerade erwähnten steht, zitiert die Berliner Zeitung die Meinungsforscher von Media Tenor. Nach deren Erhebung für den »Zukunftsindex Deutschland« hätten nur 31 Prozent der Befragten Vertrauen in ARD, ZDF und Deutschlandradio. Aber das lässt sich mit einem methodischen Fehler der Umfrage erklären: Sie wurde nicht von den Sendern bezahlt.
Der erste Programmvorschlag kommt von den Hallenser Funkpiraten des Vertrauens. Radio Corax bringt eine Lesung aus der Neuerscheinung »Franz Jung und die Technik des Glücks« und ein Gespräch mit Nautilus-Verlagsgründerin Hanna Mittelstädt (Di., 14 Uhr). Die »Querköpfe« dokumentieren in »Cheissa, Chits und Wodka löten« die Aneignung der Polkakultur durch den Hurzpianisten Pawel Popolski alias Achim Hagemann (Mi., 21.05 Uhr, DLF). Was ist »Etwas Besseres als der Optimismus«? Der Titel des neuen aktuellen Buches von Guillaume Paoli, für das er sich mit der Utopie verabredet hat und aus dem Rafael Schuchter liest (Fr., 11.05 Uhr, Ö 1).
Am Freitag abend geben das Deutsche Symphonie-Orchester und die Kollegen von der Komischen Oper Berlin live »Mahlers 8. Sinfonie im Tempelhofer Hangar«. Schöne Sache, an dieser Location würde sich auch Wagner wohlfühlen (19.05 Uhr, Radio 3). Im »Kulturfeature« trauern die Gondeln um »Die letzten Venezianer – Eine Stadt kämpft ums Überleben« (Sa., 12.04 Uhr, So., 15.04 Uhr, WDR 3).
Zwei Neuproduktionen senden die ARD-Kulturradios unter der Überschrift »Mut zum Risiko«, Mitschnitte von Mike Svobodas »Adam und Eva« nach einem Drama von Peter Hacks und »Rummelplatz« von Ludger Vollmer auf ein Libretto von Jenny Erpenbeck nach Werner Bräunigs Roman (Sa., 20.03 Uhr, BR Klassik, HR 2 Kultur, MDR Klassik, Radio 3, SWR Kultur, WDR 3). Gleichzeitig läuft »De Mortuis oder Es hat ihm nichts gefehlt« von Hans J. Fröhlich, Kapitel sechs des »Ulysses« von James Joyce, als Hörspiel (SRF 1977, Sa., 20 Uhr, SRF 2 Kultur).
Im New Yorker ist im Juni ein Essay von Ava Kofman über den Techfaschistenguru Curtis Yarvin erschienen, das als »Der neue Reaktionär« auf Deutsch aufgenommen wurde (So., 9.30 Uhr, DLF). Aus dem Spanischen übertragen ist die Bemerkung »Ein fruchtbares Land. In Mexiko sät man Körper«, die im dokumentarischen Narcohörspiel »Campo« von Laura Uribe fällt (DLF Kultur 2022, So., 18.30 Uhr, DLF Kultur). Und am Montag abend kommt es unter Physikern zum Urknall über »Dunkle Energie: Sendet der expandierende Kosmos neue Signale?« (19.05 Uhr, Ö 1).
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