Harte Strafen nach Protesten
Von Volker Hermsdorf
Eineinhalb Jahre nach teilweise gewalttätigen Unruhen in der ostkubanischen Stadt Bayamo hat ein dortiges Stadtgericht am Freitag die Urteile gegen mehrere daran Beteiligte verkündet. Die Richter verurteilten acht von insgesamt 15 Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und neun Jahren, fünf weitere zu drei bis fünf Jahren Gefängnis. Zwei Personen müssen gemeinnützige Arbeit leisten, ohne eine Haftstrafe zu verbüßen.
Nach Anhörung der Beschuldigten, ihrer Verteidiger und Zeugen hielt das Gericht es für erwiesen, »dass die von den Angeklagten ausgeführten Handlungen die Straftatbestände öffentlicher Unruhen, tätlicher Angriffe, des Widerstands und der Anstiftung zu Straftaten erfüllen«, heißt es in einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofs vom Freitag abend. Beim Strafmaß hätten die Richter das Verhalten der Täter, den Grad ihrer Beteiligung und die soziale Gefährlichkeit ihres Handelns berücksichtigt, das die öffentliche Sicherheit der Bevölkerung gefährdet habe. Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden.
Anlass für den Prozess waren dokumentierte Ausschreitungen am Rand von Demonstrationen gegen Stromausfälle und Versorgungsmängel, an denen sich am 17. März 2024 in Bayamo und einigen anderen Städten Hunderte Menschen beteiligt hatten. Seit Jahren kommt es in Kuba immer wieder zu stundenlangen Blackouts, unter denen die knapp zehn Millionen Einwohner mittlerweile fast täglich leiden. Grund für die Energiekrise sind nach Regierungsangaben Treibstoffmangel und fehlende Devisen zur Instandhaltung der acht veralteten Wärmekraftwerke, wofür Havanna vor allem die US-Sanktionen verantwortlich macht. Nach dem kürzlich vorgestellten aktuellen Bericht über deren Auswirkungen entsprechen die in zwei Monaten durch die Blockade verursachten Schäden den Kosten für den Jahresbedarf an Treibstoff, um den regulären Stromverbrauch zu decken. Die in fünf Tagen entstehenden Verluste würden danach reichen, um Reparaturen an der zentralen Stromerzeugungsanlage »Antonio Guiteras« in Matanzas zu finanzieren – deren Ausfälle in den letzten Jahren regelmäßig zu landesweiten Stromabschaltungen führten.
Nach Angaben westlicher Medien fand vor einer Woche in der ostkubanischen Kleinstadt Gibara ein weiterer Protestmarsch gegen Stromausfälle mit Dutzenden Teilnehmern statt. Laut der in den USA ansässigen Contraorganisation »Cubalex« und dem »Observatorio Cubano de Derechos Humanos« (OCDH) mit Sitz in Madrid sollen dabei 27 Personen festgenommen worden sein. Überprüfbar sind die Angaben nicht. Beide Organisationen werden überwiegend von Washington finanziert und haben in der Vergangenheit Falschmeldungen verbreitet. So enthielt eine vom OCDH am 3. Juli 2017 veröffentlichte Liste von angeblichen Opfern staatlicher Repression in Kuba unter anderem die Namen von Personen, die nicht in Kuba leben, nie existiert hatten oder bereits verstorben waren. Unabhängig von den Fake News US-finanzierter Gruppen kommt es in Kuba wegen der Strom- und Versorgungsmängel tatsächlich vermehrt zu Protesten, die auch von staatlichen Stellen als berechtigt angesehen werden.
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