Trump ruft nach Rache
Von Lars Pieck
Mit ihrer Größe, Intensität und patriotischem Spektakel übertraf sie viele von Trumps Wahlkampfauftritten des vergangenen Jahres: Am Sonntag hat im State Farm Stadium nahe Phoenix die Trauerfeier für den bei einem Attentat getöteten christlich-fundamentalistischen Aktivisten Charlie Kirk stattgefunden. Bei der Veranstaltung versammelten sich einige der einflussreichsten politischen und religiösen Stimmen der USA, darunter Präsident Donald Trump, Vizepräsident J. D. Vance, Kirks Witwe Erika und viele weitere. Mehr als 63.000 Trauergäste, gekleidet in Rot, Weiß und Blau, kamen, um Kirk zu ehren. Statt der üblichen, eher nüchternen Atmosphäre einer Beerdigung präsentierte sich die als Gedenkfeier angekündigte Veranstaltung in einer neonfarbenen Rockkonzertstimmung im Americana-Stil, eine Mischung aus Trumps Wahlkampfveranstaltungen, den Events der von Kirk mitgegründeten rechten Stiftung Turning Point und einem evangelikalen Megachurch-Gottesdienst.
Schon mehrere Stunden bevor die Politiker die Bühne betraten, schunkelte die Menge zu den Klängen von Bands, die christliche Glaubensbotschaften verkündeten, und betete für Kirk und für »Amerika«. Trump und mehrere Regierungsbeamte verfolgten das Programm in einer Suite hinter kugelsicherem Glas, während fast das gesamte Kabinett in der ersten Reihe Platz nahm; auch Elon Musk wurde dort neben Trump gesehen. Der Multimilliardär und reichste Mensch der Welt, der Trump im Wahlkampf mit Millionen und nach Amtsantritt als »Berater für Bürokratieabbau« unterstützt, sich im Juli aber im Streit über ein Haushalts- und Steuergesetz jedoch mit ihm überworfen hatte, veröffentlichte später ein gemeinsames Foto.
In seiner Rede bezeichnete der US-Präsident den Getöteten als »Märtyrer für die amerikanische Freiheit« und schwor, dessen Vermächtnis fortzuführen. Anders als Kirks Witwe, die die Vereinigten Staaten zur Versöhnung aufgerufen hatte und sagte, sie vergebe dem Mörder ihres Mannes, wetterte Trump gegen seine politischen Gegner. Während Kirk ein »Missionar mit edlem Geist« gewesen sei, der seine Gegner nicht hasste, sei er anders. »In diesem Punkt war ich mit Charlie nicht einer Meinung. Ich hasse meine Gegner.« Ebenso wie Vance machte er »radikale Linke« für Kirks Tod verantwortlich und forderte eine gründliche Untersuchung linker Gruppen. Schließlich gehe Gewalt »größtenteils von Linken aus«. Während seiner Rede wich Trump mehrfach vom eigentlichen Thema ab. So kündigte er etwa an, demnächst eine Lösung für steigende Fallzahlen von diagnostiziertem Autismus vorzulegen. Erwartet wurde, dass er die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft dafür verantwortlich machen wird.
Auch Stephen Miller, stellvertretender Stabschef für Politik im Weißen Haus, wetterte in seiner Rede gegen einen namenlosen Feind und rief der Menge zu: »Sie können sich nicht vorstellen, was sie geweckt haben. Sie können sich nicht vorstellen, welche Armee sie in uns allen geweckt haben, denn wir stehen für das Gute, das Tugendhafte, das Edle.« Vizepräsident J. D. Vance, ein enger Freund Kirks, der dessen Sarg mit der Air Force Two nach Arizona begleitet hatte, betonte: »Wir müssen uns daran erinnern, dass er ein Held der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Und er ist ein Märtyrer für den christlichen Glauben.«
Erika Kirk, die in ihrer Rede unter anderem sagte: »Die Antwort auf Hass ist nicht Hass«, sondern laut Evangelium sei diese »Liebe«, versprach, das Werk ihres Mannes fortzusetzen. Dieser sei mit »unvollendeter Arbeit gestorben, aber nicht mit unerledigten Angelegenheiten«. Die 36jährige war am Donnerstag einstimmig zur CEO und Vorstandsvorsitzenden der Organisation Turning Point USA gewählt worden. Wie Charlie Kirk vertritt sie ähnliche erzkonservative Ansichten zu Geschlecht und Ehe. So hat sie in öffentlichen Reden und in ihrem Podcast dazu aufgerufen, »der Familie« Vorrang einzuräumen und die »biblische Weiblichkeit« wiederzubeleben.
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