Tod und Verwüstung
Von Jemal CountessIm Rahmen des im November 2020 begonnenen Feldzugs der sogenannten Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) gegen die äthiopische Zentralregierung fiel die TPLF im Juli 2021 in Tigrays Nachbarregionen Amhara und Afar ein. Zuvor hatte Addis Abeba nach acht Monaten Krieg einen einseitigen Waffenstillstand gefordert. Bei ihrem Einmarsch beging die TPLF zahlreiche Greueltaten und plünderte und zerstörte insbesondere in der Region Amhara in großem Umfang Ressourcen. Schulen, Krankenhäuser, Banken und die Infrastruktur der lokalen Verwaltung waren die Hauptziele der Miliz, die einst in ganz Äthiopien an der Macht war und nach dem Amtsantritt von Abiy Ahmed in ihre regionalen Grenzen verwiesen wurde.
Sie besetzte Städte und Gemeinden, vertrieb Angehörige der Amhara unter Androhungen von Massakern und Tod von ihrem Land und zwang rund elf Millionen Menschen nach Angaben der staatlichen Behörden in die Nahrungsunsicherheit. In der Stadt Mersa diente die Grundschule als provisorisches Lager für die Kämpfer der TPLF – während der fünfmonatigen Besetzung wurde die Schule praktisch zerstört. Tafeln wurden als Betten verwendet, die mit US-Spenden finanzierte brandneue Bibliothek wurde fast vollständig verwüstet, Computer und andere elektronische Hilfsmittel wurden geraubt und nach Tigray gebracht. Das Gesundheitszentrum der Stadt, das mehr als 70.000 Menschen versorgte, verlor ebenfalls alle seine Computer, Laborgeräte, Stabilisatoren, Zentrifugen, Wassertanks und Generatoren, wobei sich der Gesamtschaden und die Verluste auf über 29 Millionen Äthiopische Birr (etwa 200.000 US-Dollar) beliefen.
Die Vertriebenen wurden in Lagern untergebracht, so in Hayk, wo mehr als 1.300 Amharen Zuflucht fanden. Sie waren vor den anhaltenden Angriffen und Vertreibungen in der Provinz Wollega in Oromia geflohen. Einige waren bis zu 22 Tage lang zu Fuß unterwegs und kamen im Lager mit allem an, was sie tragen konnten. Viele der Flüchtlinge im Lager wurden entweder während ihrer Flucht aus Wollega von ihren Familien getrennt oder mussten mit ansehen, wie Familienmitglieder oder Nachbarn durch die mit der TPLF verbündete »Oromo-Befreiungsfront« (OLF) und deren bewaffneten Arm getötet wurden.
In Welkait entdeckten die Einwohner nach dem Ende der TPLF-Besetzung Massengräber und Vernichtungslager, deren Ursprung Jahrzehnte zurückreicht. Gemeindevorsteher und prominente Persönlichkeiten der Gemeinde wurden bis zum Ende der Besetzung gezielt inhaftiert und hingerichtet. Das Folterlager in Gehennab war 1985 eingerichtet worden, als die TPLF Welkait erstmals besetzte. Damals kämpfte sie gegen das Derg-Regime, bevor sie 1991 die Region annektierte und in Tigray eingliederte. Bis dahin gehörte die Gemeinde fast 1.000 Jahre lang zum Land der Amharen.
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