Aus Leserbriefen an die Redaktion

Verdeckter Ermittler
Zu jW vom 6./7.9.: »Keim der Entspannung«
Kanzler Adenauer sagte in einem Interview schon im Jahre 1952 dem damals sehr einflussreichen Merkur ganz unverblümt in einem Presseinterview: »Was östlich von Werra und Elbe liegt, sind Deutschlands unerlöste Provinzen (…). Das Wort Wiedervereinigung soll endlich verschwinden. Es hat zuviel Unheil gebracht. Befreiung ist die Parole.« Das unterstreicht die Feststellung des Verfassers, dass Adenauer bereits in den Anfangsjahren seiner Kanzlerschaft seine ganze Politik darauf gründete, mit Hilfe der damals militärisch überlegenen NATO die DDR gewaltsam einzuverleiben. Das hätte kurze Zeit nach dem vom faschistischen Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieg schon wieder Krieg, Blutvergießen und viel menschliches Leid auf deutschem Boden bedeutet. Drei Jahre nach diesem öffentlichen »Eingeständnis« reiste Adenauer mit den Manieren eines Biedermannes am 8. September 1955 nach Moskau. Sein Flugzeug, das wurde im Januar 2009 als eine der jüngeren »Offenbarungen« in den letzten zwei, drei Jahrzehnten durch einen beteiligten Mitarbeiter der CIA in einem Fernsehbericht ausgesagt, wurde mit ausdrücklicher Billigung des CDU-Kanzlers auf einem Militärflugplatz in Ohio mit Spezialkameras ausgerüstet, um bei dieser Gelegenheit des Staatsbesuches Verteidigungsstellungen im Umkreis der sowjetischen Hauptstadt aus niedrigen Flughöhen auszuspionieren. Der Kapitän des westdeutschen Regierungsflugzeuges gehörte zu den amerikanischen Freunden des Bundeskanzlers. Nach der Ankunft auf dem Moskauer Flugplatz flog die leere Maschine sofort zurück in die BRD. Noch am selben Abend wurden die strategisch wichtigen Filme auf der US-Luftwaffenbasis in Wiesbaden entwickelt. Kanzler Adenauer war da längst mit allen Ehren und sehr herzlich vom sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Bulganin empfangen worden. Aber seit eineinhalb Jahrzehnten weiß man nun auch durch jenen CIA-Mitarbeiter, dass der Bundeskanzler im Jahre 1955 zum verdeckten Ermittler der USA geworden war.
Rainer Döhrer, Barchfeld/Werra
Geduldiges Papier
Zu jW vom 11.9.: »›Der UN-Sozialpakt regelt das verbindlich‹«
Der UN-Sozialpakt regelt zwar verbindlich das Recht auf Wohnen. Papier ist aber bekanntlich geduldig, besonders auch im Wertewesten. In Artikel 1 des Paktes wird das Recht der Völker auf Selbstbestimmung betont, das der Westen bekanntlich den russischen Ostukrainern oder den Palästinensern faktisch vorenthalten will. In Artikel 6 werden das Recht auf Arbeit und die Berufsfreiheit formuliert. Bei millionenfacher Arbeitslosigkeit und den durch EU-Sanktionen faktisch ausgesprochenen Berufsverboten für kritische Journalisten kann man dieses Recht wohl kaum als verwirklicht ansehen. Die EU-Sanktionen gegen Journalisten verletzen neben dem UN-Sozialpakt faktisch auch die in der Präambel des Paktes eingebundene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, speziell u. a. deren Artikel 19 (Meinungs- und Informationsfreiheit), Artikel 17 (Eigentumsrechte) und die Artikel 8 und 10 (Anspruch auf Rechtsschutz). In Artikel 11 des UN-Sozialpakts nun also das Recht auf Wohnen. Es ist eine Schande, wie in unserem Land mit Obdachlosen umgesprungen wird. In der Zeitung liest man regelmäßig von Übergriffen; einem Obdachlosen ist zum Beispiel mehrfach sein Zelt angezündet worden. Für manche Chaoten scheinen Obdachlose so eine Art Freiwild zu sein, an dem man seine Aggressionen auslassen und Bestätigung seiner Ich-bin-was-Besseres-Gefühle suchen kann. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegen diese Ärmsten der Armen ist beschämend. Und was von behördlicher Seite an Unterbringungsmöglichkeiten geboten wird, ist schikanös, etwa Tagesaufenthalt an anderem Ort als Nachtaufenthalt. Der UN-Sozialpakt fordert jeden einzelnen auf, »für die Förderung und Achtung der in diesem Pakt anerkannten Rechte einzutreten«. Vielen Dank an jW, dass ihr das macht und dabei auch den staatlichen Verlogenheitsaposteln trotzt!
Ulf Gerkan, Hannover
Nicht genügend Profit?
Zu jW vom 17.9.: »Doc Morris liefert – Pillenladen schließt«
Was ist denn das schon wieder für eine Geisterzahl? Wie soll ich denn das Jahr 1978 interpretieren? Damals hatten wir zwei deutsche Staaten und damit auch zwei völlig unterschiedlich organisierte Apothekenwesen. Ist damit eine westdeutsche Statistik gemeint, oder sind die Apotheken der DDR mit eingerechnet? Hier wird mal wieder über Äpfel und Birnen geredet. In der DDR waren Medikamente überwiegend verschreibungspflichtig und – soweit ich mich daran erinnern kann – auch erhältlich. Zudem wurden Hustenbonbons und Fieberthermometer verkauft. Es gab nur einen Bruchteil der heutigen Medikamente, die allerdings auch ihren Nutzen nachweisen mussten. Die wirksame Schmerz- und Fiebertablette Gelonida wurde beispielsweise in Bulgarien hergestellt, war aber immer vorrätig. Kann das Nichtvorhandensein von dringend erforderlichen Medikamenten – hier euphemistisch »Lieferengpässe« genannt – auch daran liegen, dass hier Pharmakonzerne konkurrieren und diese bei nicht genügend Profit auch einfach mal die Herstellung verweigern? Der Staat nimmt keinen Einfluss darauf und lässt den Markt machen. Es handelt sich ja nur um die Gesundheit von Patienten. Wenn ich heute in eine Apotheke komme, frage ich mich, wer den überflüssigen, sinnfreien Müll, der in den Regalen liegt, kaufen soll. Zumal habe ich an zwei ganz konkreten Beispielen erfahren, dass es mit der Beratung von manchen Apothekern nicht weit her ist.
Christel Harke, Aschersleben
Weder Rückgrat noch Kampfmoral
Zu jW vom 17.9.: »Rückgratlose des Tages: Ines Schwerdtner«
Das, was man nicht hat, kann man auch nicht zeigen. Das linke Bürgertum hatte schon immer weder Rückgrat noch Kampfmoral.
Manfred Guerth, Hamburg
Wenn ich heute in eine Apotheke komme, frage ich mich, wer den überflüssigen, sinnfreien Müll, der in den Regalen liegt, kaufen soll
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