AfD hat Stress mit Vermieter
Von Max Ongsiek
In Laufnähe des Charlottenburger Schlosses liegt einer von zwei Standorten des Berliner Landgerichts II. Eine spätwilhelminische Scheußlichkeit im historischen Gewand einer mittelalterlichen Burg. Hier wurde am Freitag über die fristlose Kündigung des Mietvertrags für die Bundesgeschäftsstelle der AfD in Berlin-Reinickendorf verhandelt. Eine Einigung gab es nicht. Das für Zivilsachen zuständige Gericht erklärte die Güteverhandlung zwischen Parteivertretern und dem österreichischen Eigentümer für gescheitert. Eine Entscheidung darüber, ob die durch die Firma Quercus Grund GmbH ausgesprochene außerordentliche Kündigung rechtens war, kündigte der Vorsitzende Richter Burkhard Niebisch für kommenden Freitag an.
Im relativ kleinen Saal 100 saßen sich der Eigentümer samt Anwalt und der stellvertretende Bundessprecher Kay Gottschalk gegenüber. Gottschalk – »Ich rede für die Bundespartei« – wurde von den Rechtsanwälten Torsten Vogel, Michael Zischka und einem schweigsamen Justiziar begleitet. Kläger und Beklagte lieferten sich vor Gericht teils heftige Wortgefechte. Besonders der Eigentümer Lukas Hufnagl, der sich in den vergangenen Monaten in diversen Zeitungsinterviews in Rage redete, hielt sich nicht zurück. »Lügen-Kay«, rief er einmal Gottschalk entgegen.
Früher einmal wollte die Partei das Gebäude für 33,5 Millionen Euro kaufen. Auf den Vorwurf, die Partei habe versucht, Hufnagl zu erpressen, um den Preis zu drücken, ging das Gericht am Freitag nicht ein. Der Richter merkte lediglich an, dass die Vorwürfe reichlich spät erhoben worden seien.
Insgesamt gibt es dem Vernehmen nach für die Immobilie drei Mietverträge, die ursprünglich bis Ende September, Ende November beziehungsweise Ende Dezember 2027 laufen sollten. Für alle gäbe es aber ein Sonderkündigungsrecht, das die Mietdauer um ein Jahr verkürzen würde.
Eigentlicher Stein des Anstoßes ist die Wahlparty nach der Bundestagswahl am 23. Februar im Innenhof des Bürogebäudes. Die sei nicht mit dem Eigentümer abgesprochen, aber lange geplant gewesen – »Der Hufnagl ist in Wien und kriegt nix mit«, führte der Vermieter aus. So soll schon Tage vorher die entsprechende Ausstattung für die Festivität in die Geschäftsstelle geliefert worden sein, wie Hufnagl im Landgericht berichtete. Es wurde gegrillt und auch das Parteilogo an die Wand projiziert. Aus Sicht des Vermieters verstieß die Partei damit gegen vertraglich vereinbarte Vorgaben. Schließlich habe man nicht nur keine Werbeflächen angemietet, sondern auch im Mietvertrag vereinbart, dass politische Äußerungen im Zusammenhang mit dem Gebäude verboten seien. Auf die Feier folgte die fristlose Kündigung durch den Vermieter. Als die Partei nicht ausziehen wollte, reichte der eine Räumungsklage ein.
Gottschalk wies die Vorwürfe zurück. »Es handelt sich um eine rein wirtschaftliche Auseinandersetzung: politisch aufgeladen, juristisch instrumentalisiert und medial inszeniert – zum Nachteil der Alternative für Deutschland«, erklärte er vor der mündlichen Verhandlung. Die Partei gab sich dennoch kompromissbereit. »Wir haben eine Mediation angeboten«, sagte Gottschalk vor der Verhandlung. Aus Sicht von Eigentümer Hufnagl sind die Vergleichsvorschläge nicht ernst zu nehmen, er sprach von einer »Farce« und polterte Richtung Gottschalk, er sei nicht dessen »persönliche Prostituierte«, als der eine sechsprozentige Mieterhöhung und einen Auszug bis zum 30. Oktober 2026 vorschlug. Die angebotene Mieterhöhung von sechs Prozent bezeichnete der Vermieter mit Blick auf den Berliner Mietmarkt als »lächerlich«.
Der Richter erklärte daraufhin die Güteverhandlung für gescheitert und eröffnete im Anschluss die Hauptverhandlung. In dieser erklärte er, dass die Partei sich aus seiner Sicht tatsächlich mit der Ausrichtung der Wahlparty im Hof vertragswidrig verhalten habe. Die unterlassene Abmahnung des Vermieters bemängelte er allerdings.
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