Knast für Kriegsverbrecher
Von Philip Tassev
Was haben Olaf Scholz, Boris Pistorius, Annalena Baerbock, Robert Habeck und Friedrich Merz gemeinsam? Sie alle gehören ins Gefängnis. Zumindest, wenn es nach den Juristen des Berliner Anwältinnenkollektivs geht. Am Freitag verkündeten die Rechtsanwälte Nadija Samour und Benjamin Düsberg, mit Unterstützung des European Legal Support Center einen Strafantrag gegen sieben ehemalige und amtierende Regierungsmitglieder sowie vier Geschäftsführer bzw. Aufsichtsratsvorsitzende von Rüstungskonzernen gestellt zu haben. Der Vorwurf: Beihilfe zum Völkermord in Gaza, Verbrechen gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen.
Konkret wird den elf Beschuldigten zur Last gelegt, mit der Lieferung von Waffen, Komponenten und Ersatzteilen an Israel die Militärmaschinerie des Apartheidstaates zu unterstützen und das genozidale Vorgehen im Gazastreifen erst möglich zu machen. Auf 110 Seiten mit über 600 Fußnoten werden die Anschuldigungen mit Zahlen, Fakten und Expertenaussagen untermauert. Beschuldigt werden neben den eingangs genannten Politikern zudem die beiden amtierenden Minister Johann Wadephul (Auswärtiges Amt) und Katherina Reiche (Wirtschaft und Energie) sowie die Rüstungsmanager Jörg Stratmann (Rolls-Royce Solutions GmbH), Alexander Sagel, Susanne Wiegand (beide Renk Group AG) und Michael Humbek (Dynamit Nobel Defence GmbH).
Rolls-Royce ist die Mutterfirma der MTU Friedrichshafen GmbH, die Motoren für Panzerkampfwagen, Mannschaftstransporter und Selbstfahrartillerie produziert – sowohl in der BRD als auch in den USA. Mehrere Motorenmodelle kommen in israelischen Panzern wie dem »Merkava« oder dem »Eitan« zum Einsatz. Renk aus Augsburg ist vor allem als Hersteller von Getrieben und Fahrwerken für Militärfahrzeuge bekannt. Nach Einschätzung von im Strafantrag zitierten Experten sind die israelischen »Merkava«-Panzer auf Getriebe von Renk zwingend angewiesen. Ohne sie könnte kein Panzer in Gaza einrollen. Auf das Konto einer »Merkava«-Besatzung geht – um nur ein trauriges Beispiel zu nennen – die Ermordung der fünfjährigen Hind Rajab, ihrer sechs sich mit ihr im Auto befindlichen Familienmitglieder und der zwei Sanitäter, die versuchten, das Kind zu retten. Dynamit Nobel produziert den schultergestützten Raketenwerfer »Matador«, eigentlich eine Panzerabwehrwaffe, die aber von den israelischen Truppen dazu verwendet wird, Wohnhäuser im Gazastreifen einzuäschern, wie zahlreiche, von israelischen Soldaten selbst aufgenommene Videos belegen. Mehrere tausend dieser Waffen wurden unter der Scholz-Regierung an Israel geliefert.
Das Berliner Anwältinnenkollektiv fordert mit ihrem Antrag Generalbundesanwalt Jens Rommel dazu auf, Ermittlungen wegen Beihilfe zum Völkermord gegen die Beschuldigten einzuleiten. Düsberg bezeichnete es als »Systemfehler«, dass der Bundesanwalt gegenüber dem Justizministerium weisungsgebunden ist. Nun werde sich zeigen, ob Rommel das nötige »Rückgrat« hat, um gegen seine »Chefs« zu ermitteln. Anders als bei einer Anzeige besteht bei einem Strafantrag die Möglichkeit, Beschwerde einzulegen, wenn die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen aufnimmt. Des weiteren können die Anwälte Akteneinsicht verlangen.
Während international der Druck auf die Unterstützer von Israels Völkermord wächst, hält die israelische Militärführung unbeirrt an ihren Plänen fest, Gaza vollständig unter Kontrolle zu bringen. Am Freitag rief ein Armeesprecher per X die Bewohner unter Androhung »beispielloser Gewalt« zur Flucht in den Süden der zerstörten Enklave auf.
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