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Aus: Ausgabe vom 17.09.2025, Seite 8 / Ansichten

Rückgratlose des Tages: Ines Schwerdtner

Von Nick Brauns
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In Belgien für Palästina, in Deutschland für die Staatsräson: Ines Schwerdtner am Wochenende auf der Manifiesta in Ostende

Auf einem Instagram-Video zu sehen ist eine fröhliche Ines Schwerdtner zwischen dem britischen Sozialisten Jeremy Corbyn und dem Präsidenten der belgischen Partei der Arbeit, Peter Mertens. Um den Hals der Linksparteivorsitzenden einen Palästina-Schal mit einer Karte Israels und der palästinensischen Gebiete. Alle Städte tragen arabische Namen. Also etwa Al-Kuds für Jerusalem und An-Nasira für Nazareth.

Von Springers Welt mit dem inzwischen gelöschten Video konfrontiert, knickt Schwerdtner ein. »Auf einem Volksfest in Belgien« – der Manifiesta der sonst von ihr als Vorbild gefeierten Partei der Arbeit am Wochenende in Ostende – »wurde mir in einer lebhaften Situation der Schal geschenkt«, bekennt sie reumütig. »Als ich das Motiv erkannte, habe ich ihn abgelegt.« Schließlich stehe ihre Partei gegen Antisemitismus und für das Existenzrecht Israels.

Was an arabischen Namen antisemitisch sein soll, mit denen Städte mit zum Teil heute noch großem arabischen Bevölkerungsanteil schon vor Staatsgründung Israels bezeichnet wurden, bleibt Schwerdtners Geheimnis. Dieser Kotau vor der Staatsräson erinnert an ihre Distanzierung von Hamas-Fahnen nach Ankündigung der Linkspartei, eine eigene Palästina-Demo organisieren zu wollen. Solche Fahnen wurden hierzulande zwar nirgends gesichtet. Aber Hauptsache, vor der eigenen Courage zurückrudern und dabei Dreck auf die Solidaritätsbewegung werfen.

Ein Erfolgsrezept der Partei der Arbeit, aber auch von Corbyns Parteineugründung, besteht darin, nicht nur die soziale Frage in den Mittelpunkt zu stellen, sondern sich selbst an die Spitze der Palästina-Solidarität. Umgekehrt scheiterte Corbyn als Labourchef, als er vor der rechten Medienkampagne kapitulierte, die ihm Antisemitismus unterstellte. Diese Lehren sollte sich die Linksparteichefin hinter die Ohren schreiben und gelegentlich mal Rückgrat zeigen.

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  • Leserbrief von Manni Guerth aus Hamburg (17. September 2025 um 20:36 Uhr)
    Das, was man nicht hat, kann man auch nicht zeigen. Das linke Bürgertum hatte schon immer weder Rückgrat noch Kampfmoral.

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