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Aus: Ausgabe vom 17.09.2025, Seite 8 / Ansichten

Konformismus bestellt

Prien und die »Demokratieförderung«
Von Nico Popp
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Gegen die AfD - und für die eingerichteten Verhältnisse? Demonstranten in Düsseldorf (14.9.2025)

Dass der Staat wie wild »die Antifa« und allerlei »linke« NGOs fördert, gehört zu den Dauerskandalen im Polituniversum von Union, FDP, AfD, Werteunion usw. Die CDU-Bundesfamilienministerin Karin Prien sammelt dort nun Punkte, indem sie versichert, »linke Aktivisten« nicht mehr in den Hochgenuss der staatlichen »Demokratieförderung« kommen lassen zu wollen.

Ein Schlag gegen die antifaschistische Linke? In der Einbildung von Priens Zielpublikum ganz sicher. Aber eben auch nur dort. Die Zeiten, in denen Antifaschismus bzw. ein antifaschistischer Demokratiebegriff bedeutete, nicht nur etwas gegen Nazis zu haben, sondern, damit vermittelt, auch eine Kritik an Klassengesellschaft und bürgerlichem Staat, sind lange vorbei. Ein staatsnaher Antifaschismus hat sich herausgebildet, der sich sehr bewusst als Verteidiger dieser Gesellschaft und ihres politischen Überbaus betätigt. Es ist kein Zufall, dass die um das Jahr 2000 herum noch lebendige antifaschistische Bewegung parallel nahezu verschwunden ist.

Und das hat sehr viel mit der Verteilung von staatlichen Mitteln, der Schaffung von Posten, den dafür nötigen Anträgen und der dann fälligen »Evaluierung« zu tun. Diese Strukturen sind überwiegend ein Treiber der Entwicklung hin zu einem integrierten, konformistischen Antifaschismus, der längst auch in der Linkspartei weithin den Ton setzt. Die Protagonisten sind meist so weit weg von einem marxistischen Faschismusbegriff wie irgendein konservativer Historiker von einst, der zur Entlastung der herrschenden Klasse die Ansicht vertrat, die Nazidiktatur sei ein Projekt des »Pöbels« gewesen. Dass die »Volksgemeinschaft« eine Realität war und die Massen die Naziherrschaft getragen haben, gilt auch den neueren Antifaschisten als kritische Einsicht.

Diese Leute stehen bereit, um unterschiedslos jede Art von Dissidenz, Widerstand und Mobilisierung von unten als rechts, rechtsoffen oder faschistisch zu diskreditieren, und sie arbeiten – ein aktueller Anwendungsfall – nach Kräften daran mit, die migrantisch geprägte palästinasolidarische Bewegung in den Ruch des Antisemitismus zu bringen. Die Amadeu-Antonio-Stiftung, die in Union und AfD als Modell einer »linken«, vom Staat geförderten »antifaschistischen« NGO gehandelt wird, steht für genau diese politische Disposition. Indem sie die herrschende Politik verteidigen, beglaubigen diese Strukturen sogar noch eine für den rechten Vormarsch der vergangenen Jahre bedeutsame Legende: dass diese Politik prinzipiell »links« ist. Wird der ganze Betrieb etwa nicht von »Antifaschisten« verteidigt?

Die Frage ist, ob Priens Einlassungen darauf hindeuten, dass der Staat nun das Interesse an einer »antifaschistischen« Reservetruppe verliert. Wahrscheinlicher ist, dass Prien schlicht vorhat, aus dem Kreis der Mittelempfänger alle auszusieben, die nicht nachweisen können, dass sie sich auch für eine Regierung Merz nützlich zu machen verstehen.

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