Gipfel der leeren Worte
Von Knut Mellenthin
Da wäre noch mehr drin gewesen: Die hochrangigen Politiker und Diplomaten aus über 70 Staaten, die am Montag aufgrund des israelischen Angriffs am Sondergipfel in Doha teilnahmen, haben starke Worte gegen Israel gefunden. Allerdings konnten sie sich nicht auf praktisch wirksame Aktionen einigen, und haben es anscheinend nicht einmal versucht. Die Vorwürfe gegen den zionistischen Staat reichen von uneingeschränkter Kriegführung gegen die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens bis zum Genozid. Aber keiner der Staaten, die 2017 unter der Regie von Donald Trump, der damals seine erste Amtszeit als Präsident der USA absolvierte, als Pioniere und Minenhunde der allseitigen »Normalisierung« ihrer Beziehungen zu Israel vorgeprescht waren, hat diese bisher in Frage gestellt.
Die Herrscherfamilie Katars hatte zu der Sonderkonferenz in ihrer Hauptstadt eingeladen, nachdem die israelischen Streitkräfte das Land am vorigen Dienstag aus der Luft angegriffen hatten. Hauptziel der Israelis war die Ermordung von dort lebenden Führungsmitgliedern der Hamas und von Diplomaten der palästinensischen Widerstandsorganisation, die sich im Zusammenhang der seit Monaten geführten Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch dort aufhielten. Die Hamas gab anschließend an, dass bei dem Angriff fünf ihrer Mitglieder, darunter ein Sohn des hochrangigen Hamas-Führers Khalil Al-Hajja, getötet wurden. Inzwischen ist bekannt, dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den US-Präsidenten vor Beginn der Operation informiert hatte. Katar beherbergt den größten Militärstützpunkt der US-Streitkräfte in der Region, hat den Status eines »strategischen Verbündeten« der Vereinigten Staaten und ist mit ihnen durch mehrerer Verteidigungsabkommen verbunden.
Die wichtigsten Aussagen der von den Teilnehmern der Doha-Konferenz beschlossenen gemeinsamen Erklärung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die versammelten Staats- und Regierungsführer der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit »bringen ihre Solidarität mit Katar zum Ausdruck und unterstützen die lebenswichtige Rolle, die Katar bei den Vermittlungsbemühungen in der Region neben Ägypten und den USA zu spielen fortfährt«.
Die Teilnehmer »bekräftigen, dass die brutale, abscheuliche israelische Aggression gegen den schwesterlichen Staat Katar und Israels ständige aggressive Praktiken unter Einschluss von Verbrechen des Völkermords, ethnischer Säuberungen, Aushungerung und Belagerung, ebenso wie Siedlungsaktivitäten und Expansionspolitik eine schwere Eskalation darstellen (…) und zu der Liste von Israels Verbrechen beitragen, die den regionalen und internationalen Frieden und Sicherheit gefährden.« Zudem begrüßen die Staaten die Einberufung einer Konferenz für eine Zweistaatenlösung am 22. September in New York. In anderen Punkten der Erklärung wird die von der israelischen Politik »hervorgerufene, beispiellose humanitäre Katastrophe« verurteilt. Weiter wird vor den Konsequenzen einer Annexion »irgendeines Teils des besetzten palästinensischen Territoriums« gewarnt.
Iran, dessen Präsident zum Gipfeltreffen angereist war, hatte sich für schärfere Aussagen und Aktionen eingesetzt. So rief Massud Peseschkian die islamischen Länder dazu auf, die gesamten Handlungsoptionen der internationalen und rechtlichen Körperschaften einzusetzen, »um das zionistische Regime zur Rechenschaft zu ziehen«.
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