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Aus: Ausgabe vom 17.09.2025, Seite 2 / Inland
NRW nach den Kommunalwahlen

»Der Rechtsruck hat etwas sehr Bedrohliches«

NRW: Die Linke verzeichnet nach Kommunalwahl leichten Zuwachs. AfD im Schnitt dreimal so stark. Ein Gespräch mit Sascha H. Wagner
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Muss sein: Anstoßen auf der Wahlparty der Linkspartei in Bottrop (14.9.2025)

Die Linkspartei hat bei den Kommunalwahlen in NRW ihr Durchschnittsergebnis im Vergleich zu 2020 verbessern können, liegt aber deutlich unter dem von der Spitze erhofften Wert von um die zehn Prozent. Worauf führen Sie den Ausgang zurück?

Die Linke ist flächendeckend präsent und hat deutlich zugelegt. Das hatten wir in der Form in NRW bisher nicht. Mit 5,6 Prozent im Landesdurchschnitt konnten wir zwei Prozentpunkte zulegen. Und wir konnten sogar acht Direktmandate holen. Die Zahl unserer landesweiten Kandidaturen in Städten, Gemeinden und Bezirksvertretungen zeigt, dass wir vor Ort deutlich stärker geworden sind. Der Einsatz unserer Mitglieder und Unterstützer hat Die Linke so sichtbar gemacht. Dieses damit gelegte Fundament wollen wir in den kommenden Jahren ausbauen.

Was bedeutet »flächendeckend«?

Wir sind in Nordrhein-Westfalen in allen 53 Landkreisen und kreisfreien Städten, in 178 kreisangehörigen Kommunen sowie in 137 Bezirksvertretungen angetreten. Das sind insgesamt 368 Wahlantritte, darunter 63 neue. Mit zahlreichen Kandidaturen für Bürgermeister- und Landratsämter haben wir unseren Anspruch unterstrichen, in der kommunalen Politik eine entscheidende Rolle zu spielen.

Welche Themen standen im Wahlkampf der Linkspartei besonders im Vordergrund?

Bezahlbares Wohnen, verlässliche öffentliche Daseinsvorsorge, gute Bildung und Gesundheit. Wir kämpfen in den Kommunen für Gerechtigkeit, Menschenrechte und eine offene Gesellschaft. Das haben viele Menschen honoriert und uns dafür ihre Stimme gegeben. Die Linke ist die verlässliche Ansprechpartnerin für eine sozial engagierte und demokratische Zivilgesellschaft. Besonders betont haben wir bei allen unseren Aktivitäten unseren entschlossenen Einsatz gegen rechte Hetze.

Soweit, so positiv, aber da sind wir beim Thema: Was sagen Sie zu 14,5 Prozent für die AfD, die ihre Stimmen deutlich mehr als verdoppeln konnte?

Der Rechtsruck in NRW und bundesweit hat schon etwas sehr Bedrohliches. Bekanntlich hat die AfD keine Lösungen anzubieten. Sie versucht mit ihren Hetzparolen, die sich in erster Linie gegen Geflüchtete, Migranten, Queers und Menschen mit Armutserfahrung richten, die Gesellschaft weiter zu spalten. Die Kürzungen der Bundesregierung im sozialen Bereich, aber auch Preissteigerungen spielen den Rechten in die Hände, die den Betroffenen die Schuld an ihrer Situation zuschreiben.

Ist allen klar, wessen Interessen diese Partei vertritt?

Wer genau hinsieht und auch das Abstimmungsverhalten der AfD im Bundestag berücksichtigt, kann genau erkennen, dass die AfD eine Partei des Kapitals ist. Das werden wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiter betonen. Wir halten weiter dagegen und bieten soziale und solidarische Lösungen für alle Menschen an, statt der rassistischen und nationalistischen Parolen der AfD, in deren Windschatten weitere rechte Gruppierungen segeln und sich weiter radikalisieren.

Das klingt kämpferisch.

Wir sind und wir bleiben die konsequenteste Kraft gegen rechtes Gedankengut. Das ist gerade vielen jungen Menschen wichtig, die uns deswegen wählen und der Linken beitreten.

Diese jungen Menschen sehen auch, wie die anderen Parteien des bürgerlichen Blocks sich in sozialen Fragen immer weiter nach rechts bewegen. Auch da sparen wir nicht an Kritik, im Gegenteil. Wir sind in sozialen Fragen die linke Opposition in allen kommunalen Gremien und das wird zunehmend erkannt.

Wie gelingt es denn, linke Kommunalpolitik zu vermitteln, die oft mit Verwaltungsvorlagen in Verbindung gebracht wird?

Kommunalpolitik ist die quasi die politische Basis, wo Entscheidungen getroffen werden, die direkt vor der Haustür sichtbar sind. Es kommt darauf an, die wichtigen Fakten aufzugreifen und linke Forderungen und Anträge entgegenzusetzen. Wir setzen seit einiger Zeit auf Haustürgespräche, und das nicht nur im Wahlkampf. Da können wir sicher noch stärker werden, aber in einigen Städten läuft das richtig gut. Im Social-Media-Bereich haben wir auch noch mal eine Schippe draufgelegt und erreichen darüber viele, vor allem junge Menschen mit unseren sozialistischen Inhalten und kommunalpolitischen Forderungen.

Sascha H. Wagner ist ­Landessprecher der Partei Die Linke in NRW und Bundestagsabgeordneter

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