»Ein richtig guter Mann«
Von Philip Tassev
Nach dem fürs Ausland zuständigen Bundesnachrichtendienst (BND) bekommt nun auch der Inlandsgeheimdienst einen neuen Chef. Für den Posten des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Sinan Selen ausgewählt, wie am Montag das Handelsblatt berichtete. Das ist keine Überraschung. Als Vizepräsident leitete Selen den Geheimdienst in den vergangenen Monaten bereits kommissarisch und vertrat ihn nach außen, etwa bei der Vorstellung des jährlichen Verfassungsschutzberichtes.
Wie und wann der 53jährige beim Geheimdienst einstieg, liegt naturgemäß im dunklen. Seinem offiziellen, vom Bundesamt veröffentlichten Lebenslauf zufolge war der Sohn türkischer Deutsche Welle-Journalisten nach dem Jurastudium in Köln und einer kurzen Tätigkeit als Rechtsanwalt ab dem Jahre 2000 in der Staatsschutzabteilung des Bundeskriminalamtes unter anderem für den Personenschutz zuständig. 2006 wechselte er ins Innenministerium, wo er bis 2009 die Leitung des Referats »Ausländerterrorismus und Ausländerextremismus« übernahm. Nach einem Zwischenstopp im Präsidium der Bundespolizei – Arbeitsschwerpunkte »Schleusungskriminalität und Pirateriebekämpfung« – wurde er 2012 von Wolfgang Schäuble in die Abteilung »Öffentliche Sicherheit« im Bundesinnenministerium befördert. Hier, in einer der »Kaderschmieden« der deutschen Repressionsorgane, diente Selen unter dem späteren BND-Präsidenten Gerhard Schindler und kurzzeitig auch unter Hans-Georg Maaßen, der von 2012 bis zu seiner Entlassung 2018 BfV-Präsident war. 2016 ging Selen zum Tourismuskonzern TUI, für den er eine »konzernweite Sicherheitsstruktur« aufbaute. Schließlich wurde er Anfang 2019 zum Vizepräsidenten des Inlandsgeheimdienstes ernannt. Als sich der damalige Präsident Thomas Haldenwang im November 2024 zurückzog, um bei der Bundestagswahl – erfolglos – für die CDU anzutreten, übernahm Selen die kommissarische Leitung.
In »Sicherheitskreisen« wird Selen als »richtig guter Mann« betrachtet, so das Handelsblatt. Lob gab es auch von »Zeitenwende«-Ultra Roderich Kiesewetter (CDU): Selen habe »strategischen Weitblick« und einen »360-Grad-Ansatz im Bereich hybrider Bedrohungen« bewiesen, und »auch sonst« bringe er »Charakter und menschliche Qualitäten mit, eine so bedeutende Sicherheitsbehörde vorzüglich zu führen«.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Inland
-
»Damit wird die Militarisierung vorangetrieben«
vom 16.09.2025 -
AfD reüssiert im Westen
vom 16.09.2025 -
Wirtschaft im Windschatten
vom 16.09.2025 -
Bahn setzt den Rotstift an
vom 16.09.2025