Kommando Rheinmetall
Von Oliver Rast
Der Chef der Kommandobrücke meldet Vollzug an: Rheinmetall wird die Naval Vessels Lürssen (NVL) samt Tochterfirmen übernehmen. Eine »bedeutende strategische Akquisition«, eine »Ausweitung des Portfolios auf den Marineschiffbau«, so der Konzernboss Armin Papperger am Montag via Statement. Mittels Übernahme des militärischen Sektors der Werftengruppe Lürssen baue der Düsseldorfer Kriegsproduzent »seine Position als führender Anbieter für Verteidigungstechnologie in Deutschland und Europa aus«. Mehr noch, die Waffenschmiede werde zum »domänenübergreifenden Systemhaus« – sprich: Zu Lande, in der Luft und nun auch zu Wasser entstünde ein »vitales deutsches Kraftzentrum«, betonte Papperger weiter. Volle Fahrt voraus also.
Der Deal soll dem Vernehmen nach Anfang 2026 abgeschlossen sein – vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kartellbehörde. Die NVL mit Sitz in Bremen-Vegesack hat vier Werften in Norddeutschland. Die Peene-Werft in Wolgast, Blohm und Voss bzw. die Norderwerft in Hamburg, ferner die Neue Jadewerft in Wilhelmshaven. Dazu weitere internationale Standorte. Weltweit sind rund 2.100 Bootsbauer bei NVL beschäftigt.
Nun, überraschend kommt der »Zukauf« nicht. Auch für Friedrich Lürßen nicht, den geschäftsführenden Gesellschafter der Lürssen Marinesparte. Schließlich war schon vor Monaten darüber spekuliert worden. Die NVL habe mit Rheinmetall »einen vertrauensvollen und starken Partner gefunden«, wurde Lürßen am Montag zitiert. Damit werde den Beschäftigten »eine erfolgreiche Zukunft« gesichert. Daniel Friedrich ist da nicht ganz so sicher. Es fehlten ein industriepolitisches Konzept »und die konkret geplanten Synergien, von denen bei Rheinmetall die Rede ist«, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall Küste am Montag. Standorte und Beschäftigung bei NVL müssten garantiert werden, gleichfalls »gute Tarifverträge«. An mariner Aufrüstungspolitik hat der Gewerkschafter aber offenbar nichts auszusetzen.
Damit befindet sich Friedrich in bester parlamentarischer Gesellschaft. Denn der Marineschiffbau sei in Deutschland zu zersplittert, beklagte Falko Droßmann (SPD) am Montag gegenüber jW. »Aus militärischer und verteidigungspolitischer Sicht ist es deshalb der richtige Schritt, einen großen nationalen Champion zu schaffen, der auch in Europa mithalten kann«, ergänzte der Sprecher der Arbeitsgruppe Verteidigung seiner Bundestagsfraktion. Eine Aussage ganz auf der Linie der »Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie«. Einem Papier aus der Endphase der Restampel vom Dezember 2024, dem sich die »schwarz-rote« Koalition verpflichtet fühlt. Schlüsseltechnologien – etwa der Marineschiffbau – würden »im Frieden erhalten und gefördert, so dass in Krise und Krieg auf sie zugegriffen werden kann«, steht dort.
Das gefällt kapitalen Admirälen. Nicht zuletzt wegen der Kurssprünge auf dem Börsenparkett. Die Rheinmetall-Aktie kletterte nach Bekanntwerden der NVL-Übernahme auf einen neuerlichen Rekordwert. Auch für zuletzt schwächelnde Branchenkollegen wie Hensoldt und Renk ging es aufwärts, im Kielwasser von Rheinmetall, berichtete das Fachportal Marketscreener am Montag. Und die Businessperspektive bleibt blendend. Fatal, weiß Jürgen Grässlin. Zumal das Bundeskabinett »nahezu jegliche Restriktionen beim Rüstungsexport über Bord geworfen hat«, sagte der Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« am Montag jW. Auch deshalb: Kommandeur Papperger läutet das Abfeuern von Torpedos ein.
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