Vorstoß für Vermögen
Von Marc Bebenroth
Steuern lenken den Vermögensfluss vor allem dann, wenn sie nicht eingetrieben werden. In mehr als der Hälfte der Fälle, wenn Summen von 100 Millionen Euro oder mehr in der vergangenen zehn Jahren verschenkt oder vererbt worden sind, mussten die Empfänger dieses leistungslosen Einkommens dafür nichts an die Staatskasse abdrücken. Von 463 solchen Fällen seien in mindestens 258 keine Steuern gezahlt worden, wie dpa am Sonntag unter Verweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Dietmar Bartsch berichtete. »Wer die größten Vermögen geschenkt bekommt oder erbt, spart Steuern – wer arbeitet, zahlt sie«, hielt er gegenüber der Nachrichtenagentur fest.
Gleichentags hatte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge gegenüber dpa vorgeschlagen, »in einem ersten Schritt« kurzfristig die Ausnahmen abzuschaffen, die »aktuell zu großen Ungerechtigkeiten bei der Erbschaftssteuer führen«. Steuerbefreiungen gelten beispielsweise, wenn Betriebsvermögen, landwirtschaftliche Betriebe oder Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt oder verschenkt werden. Jene Verschonungsregelungen sollten Dröge zufolge geändert werden. Durch »weitreichende mehrjährige Stundungsregelungen« solle Firmenerben das Abstottern ihrer Steuerschuld ermöglicht werden. Dann müssten diese Unternehmen keine Arbeitsplätze vernichten.
Dröge verband ihren Vorstoß mit einem Ruf nach gezielten Maßnahmen zur Förderung des Vermögensaufbaus bei Menschen mit geringem Einkommen. Ihre Fraktion würde dazu gerne bald Gespräche im Bundestag führen. Bislang habe es dazu »noch keine Aussage der CDU und von Jens Spahn« gegeben, »ob jetzt konkret gehandelt werden sollte«, sagte Dröge. Ob der Juniorpartner in der Bundesregierung konkret handeln wird, ist ebenfalls offen. »Jedes Jahr werden 400 Milliarden Euro in diesem Land vererbt, von denen nur ein ganz kleiner Teil überhaupt steuerpflichtig ist«, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf gegenüber der Rheinischen Post vom Wochenende. Diese »massive Schieflage« würde die SPD »seit Jahren anprangern«, behauptete er.
Die beiden Hartz-IV-Parteien reagierten damit auf Äußerungen des Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU), der in der ZDF-Sendung »Maybrit Illner« die Vermögensverteilung in der BRD als »Problem« bezeichnet hatte. »Wer schon hatte, hat immer mehr«, wusste der Villenbesitzer – und verwies auf ein bald anstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer, das die Regierung von Union und SPD zu einer Neuregelung zwingen könnte.
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