Rendite für den Regenwald?
Von Norbert Suchanek, Rio de Janeiro
Zur UN-Klimaschutzkonferenz (COP 30) in Belém im November will die brasilianische Regierung einen internationalen Investmentfonds zum Schutz der globalen Tropenwälder auf den Weg bringen. Der mit 125 Milliarden US-Dollar ausgestattete Tropical Forests Forever Fund (TFFF) erhielt Ende August in einer gemeinsamen Erklärung die Unterstützung von den acht Nachbarstaaten am Amazonas: Peru, Kolumbien, Bolivien, Ecuador, Venezuela, Guayana, Französisch-Guayana und Suriname. Deutschland, Frankreich, Norwegen, die Vereinigten Arabischen Emirate und Singapur haben bereits angedeutet, in den Fonds einzahlen zu wollen.
Der TFFF sei ein pragmatisches Finanzinstrument, das leistungsorientierte Zahlungen für Tropenwaldländer bereitstellt, denen es gelingt, die Entwaldung zu reduzieren und die Ausweitung der Waldbestände zu fördern, heißt es darin. Der Fonds erkenne außerdem die Rolle der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften bei der Erhaltung der tropischen Wälder an und wertschätze diese durch angemessene Mittelzuweisungen als Gegenleistung für deren Bemühungen um Waldschutz und nachhaltige Entwicklung. Den Mechanismus entwickelte der Weltbank-Manager Kenneth Lay vor rund 15 Jahren. Die brasilianische Regierung übernahm das Konzept zunächst als »Tropical Forest Finance Facility«. Doch »Forever« klingt wohl einfach besser.
Der TFFF soll sich zunächst aus 25 Milliarden US-Dollar Startkapital reicher Industrienationen speisen. Weitere 100 Milliarden US-Dollar sollen Privatinvestoren beisteuern, um das Geld in hochverzinste Anleihen sogenannter Schwellenländer und Unternehmen anzulegen. Die Renditen daraus fließen schließlich zum Teil zurück zu den Investoren, ein anderer Teil soll dem Waldschutz dienen, jährlich insgesamt etwa vier Milliarden US-Dollar. Länder mit tropischen Wäldern, die die Abholzung nicht vergrößern oder gar reduzieren, haben Anspruch auf jährliche Zahlungen in Höhe von vier US-Dollar pro Hektar geschützten Waldes. Brasilien wäre als Tropenland mit der größten Waldfläche dann auch Hauptprofiteur.
Maßnahmen für die Erhaltung der Wälder Brasiliens könnten billiger erzielt werden. Denn die Regierung will nun mit internationalem Kapital Wald schützen, während gleichzeitig mit Steuergeldern die legale Abholzung und Walddegradation gefördert werden. Auch könnte auf geplante Infrastrukturprojekte wie Straßen und Staudämme in Amazonien verzichtet werden. Noch im Staatsbesitz befindliche öffentliche Wälder von insgesamt 63 Millionen Hektar Größe könnten zudem »ohne festgelegten Zweck« zu Naturschutz- oder Indigenenreservaten deklariert werden.
»Brasilien als eines der größten Tropenwaldländer würde stark profitieren, während viele Länder vor allem auf dem afrikanischen Kontinent gar keinen Nutzen aus der Initiative ziehen«, kritisierte die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch den Fonds. Doch berge der TFFF »deutliches Potential«, liefere er doch langfristige Anreize für den Erhalt von Tropenwäldern und mobilisiere privates Kapital für Klima- und Biodiversitätsschutz, »ohne ärmere Länder zu verschulden«, wie die Organisation feststellte.
Der Waldschutz dürfe nicht von den Aktienmärkten abhängen, kritisiert dagegen die Global Forest Coalition (GFC), die den Fonds ablehnt. »Das Überleben der tropischen Wälder wird niemals durch falsche Lösungen garantiert, die darauf abzielen, Einnahmen für nationale Regierungen und Gewinne für private Investoren zu generieren, anstatt die tatsächlichen Probleme dieser für die Menschheit lebenswichtigen Ökosysteme zu lösen«, kritisierte die aus 133 Nichtregierungsorganisationen und Vereinigungen indigener Völker bestehende Koalition. In den bisherigen Konzepten würden Zahlungen an Finanzministerien der teilnehmenden Tropenländer gehen – ohne jedoch festzulegen, wofür die Mittel konkret verwendet werden dürfen. Die vorgesehenen lediglich 20 Prozent der vier US-Dollar pro Hektar Wald für indigene Völker und lokale Gemeinschaften seien zu wenig. Sollte die angestrebte Rendite von 7,5 Prozent unterschritten werden, könnten Zahlungen zudem verringert oder ausgesetzt werden.
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