Macrons fünfte Wahl
Von Hansgeorg Hermann
Der neue französische Premier heißt Sébastien Lecornu. Er ist der fünfte Regierungschef seit dem 9. Januar 2024, als es Staatschef Emmanuel Macron gefiel, die ehemalige Sozialdemokratin Élisabeth Borne durch den jungen, christlich geprägten Rechtskonservativen Gabriel Attal zu ersetzen. Dem folgte am 5. September der alte europapolitische Haudegen Michel Barnier, bevor am 13. Dezember 2024 François Bayrou übernahm. Der schaffte immerhin neun Monate im Regierungssitz Hôtel Matignon, bevor er sich am Montag selbst absägte – die Nationalversammlung antwortete auf seine Vertrauensfrage mit einem satten, süffisanten »Nein« – und am Dienstag trat er zurück.
Nun also Lecornu, 39 Jahre jung, der engste Vertraute des Präsidenten. Quasi ein Familienmitglied und der einzige Minister, der seit Macrons Debüt im Frühjahr 2017 in jeder Regierung saß, zuletzt als Verteidigungsminister. Ein Mann an der Seite eines Staatschefs, der als »Mozart der Finanzen« antrat –bürgerliche Medien zu Macron – und der aktuell mit 3,4 Billionen Euro Miesen den Sozialhaushalt zusammenstreichen lassen will. Das soll Lecornu erledigen – ein Militärfan übrigens, der nie einen Beruf erlernt oder ausgeübt hat, sondern seit 20 Jahren die Politik seinen Lebenszweck nennt.
Warum Lecornu? Zunächst, weil in Frankreich ausschließlich der Präsident die Regierungsspitze ernennt – und nicht das Parlament. Zweitens, weil der Studienabbrecher (Jura) ein echter, rechter Bourgeois ist, der – wer hätte es nicht geahnt – mit der extremen Rechten offenbar ganz prima zurechtkommt. Zu Marine Le Pen vom Rassemblement National (RN), der stärksten Fraktion in der Nationalversammlung, soll er einen guten Draht haben. Den RN braucht der Premier mangels Mehrheit, wenn er die kommenden Tage und Wochen im Amt überleben und seinem Meister die eineinhalb Jahre bis zur nächsten Präsidentschaftswahl retten will. Der politische Preis dafür – den Haushalt 2026 muss er in spätestens drei Monaten vom Tisch haben – wird allerdings hoch sein.
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