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Aus: Ausgabe vom 10.09.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Palästina

Nah an Abbas?

Exmilitanter Zakaria Zubeidi im New York Times-Interview
Von Mathias Dehne
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Zakaria Zubeidi nach seiner Freilassung im Zuge eines Geiselaustausches zwischen der Hamas und Israel am 30. Januar 2025 in Ramallah

Ramallah in der Nacht des 30. Januar 2025. Im Zuge der durch die Hamas verhandelten Gefangenenaustausche kam Zakaria Zubeidi frei. Zubeidi blickt auf eine lange Biographie im palästinensischen Widerstand zurück. Während der Zweiten Intifada leitete er die Operationen der fatahnahen Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden in seiner Heimatstadt Dschenin. Zubeidis Familie musste stets einen hohen Preis für ihren politischen Aktivismus und ihr Leben im Flüchtlingslager Dschenin zahlen. Gemäß Nachrichtenagentur WAFA starb seit 1993 kein einziges Familienmitglied eines natürlichen Todes. Statt dessen wurden acht Menschen zu »Märtyrern« der palästinensischen Sache. Zubeidis Sohn Mohammed wurde erst im September vergangenen Jahres durch einen israelischen Luftangriff in Tubas getötet. Er war ein führendes Mitglied der Dschenin-Brigade.

Am 12. August veröffentlichte die New York Times einen Artikel, der Zubeidis Leben porträtieren soll, ohne allzu deutlich auf die Familienbiographie einzugehen. Es wird ein düsterer Einblick geboten: Sein Leben als Militanter, Theaterleiter und Gefangener sei letztlich vergeblich gewesen, wie Zubeidi sagte. Doch der Artikel vernachlässigt auch die Nähe der Aussagen zum palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Nach der Zweiten Intifada hatte Zubeidi Israels Amnestie akzeptiert, die es im Gegenzug für die Abgabe der Waffen gab. Diese Initiative ging auch auf Abbas zurück, der behauptete, dass Gewalt Israel stärke und den palästinensischen Staat schwäche. Eine Alternative? Kultureller Widerstand, den Zubeidi mit Dschenins Freiheitstheater leistete. Doch für Zubeidi habe sich auch diese Form des Widerstands als nicht zielführend für einen palästinensischen Staat erwiesen. Zudem sah Zubeidi anders als Abbas Kultur als Ergänzung zum bewaffneten Widerstand, nicht als Ersatz.

Bei aller Düsterkeit: Der Ausbruch von Zubeidi und fünf weiteren Gefangenen aus dem Gilboa-Hochsicherheitsgefängnis im Jahr 2021 gewährte ihm lediglich sechs Tage in Freiheit. Doch bestärkte die Operation »Freiheitstunnel« die Entwicklung lokaler bewaffneter Widerstandsgruppen in der Westbank, wie die Palästinensische Bewegung Islamischer Dschihad anlässlich des dritten Jahrestages in einem Statement verlautbarte.

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