Beispielloser Stillstand
Von Marc Püschel
Unerwartet ist im Frühjahr 2025 zum ersten Mal seit Beginn der Messungen eine wichtige Auftriebsströmung im Pazifik ausgefallen. Seit Jahrhunderten sorgt eine saisonale Konstellation von Passatwinden im Golf von Panama jedes Jahr dafür, dass von Januar bis April Tiefenwasser an die Meeresoberfläche strömt. Eine Fläche von rund 60.000 Quadratkilometern des Pazifischen Ozeans wird dadurch mit kühlem und nährstoffreichem Wasser versorgt. Das Phänomen ist für das marine Ökosystem von großer Bedeutung, denn es trägt maßgeblich zur Erhaltung des Artenreichtums bei. Vor allem Korallenriffe und die Fischbestände in Küstennähe sind davon abhängig.
Ein Forscherteam des Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und des Max-Planck-Instituts für Chemie hat nun in einer Studie, die vergangene Woche in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschien, festgestellt, dass die Strömung dieses Jahr wochenlang ausgefallen ist. Eine Abkühlung setzte zwar ein, allerdings erst im März, statt wie üblich im Januar. Sie hielt nur knapp zwölf Tage an, üblich sind mindestens 66 Tage. Zudem blieb das Wasser im Durchschnitt noch 23,3 Grad warm – normalerweise wird es auf bis zu 19 Grad heruntergekühlt. Die Wissenschaftler sprechen von einer beispiellosen Störung, die es in den letzten 40 Jahren, in denen das Smithsonian Tropical Research Institute über Datensätze zur Wassertemperatur verfügt, noch nie gegeben habe.
Ursache könnte eine Veränderung der Passatwinde sein, die kürzer und seltener auftraten, wodurch das warme Wasser von der Meeresoberfläche nur unzureichend abtransportiert wurde und das Tiefenwasser nicht aufsteigen konnte. Allerdings ist unklar, was wiederum die Abschwächung der Winde verursacht hat. Ungewiss ist auch, ob es ein einmaliger Vorgang ist oder im Zuge des Klimawandels öfter vorkommen wird. Bliebe die Meeresströmung auch in den kommenden Jahren aus, könnte dies drastische Folgen für das ganze Ökosystem im Golf von Panama haben. So könnten beispielsweise Korallenriffe aufgrund des zu warmen Wassers absterben und zahlreichen Fischarten die Nährstoffe ausgehen. »Die geringere Auftriebsströmung führte zu einem Ausfall der Nährstoffzufuhr und entsprechend geringem Algenwachstum, was sich über die Nahrungsnetze des Meeres hinweg auswirkt und zu einem Rückgang der kommerziellen Fischerei führte«, warnt Ralf Schiebel, Meeresforscher am Max-Planck-Institut für Chemie. Wichtig sei vor allem ein Ausbau der Beobachtungskapazitäten für den Ozean.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.