Widerstand des Tages: Museum auf Rezept
Von Arnold Schölzel
Am Montag berichtete dpa: »Statt Tabletten ein Ticket: Vor über zehn Jahren begann in Großbritannien ein Experiment, das heute weltweit Nachahmer findet – von Kanada über Belgien bis Frankreich. Ärztinnen und Ärzte verschreiben kostenlos Museumsbesuche – gegen Stress, Depressionen und andere psychische Erkrankungen. Und Deutschland? Hier steckt die Idee noch in den Anfängen.« Ein Bericht der TU Dresden empfahl zum Beispiel im März, die Besuche in die Regelversorgung aufzunehmen. Es hieß: »Eine Jahreskarte fürs Museum wirkt offenbar deutlich wirksamer als Medikamente – besonders bei der Linderung depressiver Symptome von Menschen mit Demenz.« Die Volkshochschule Bremen nimmt an einem internationalen Vorhaben für »Kunst auf Rezept« teil.
Solch noch vereinzelte Rückkehr zur Zivilisation ist pure Widerstandshandlung. In der DDR war der gemeinsame Besuch von Kunstausstellungen, Theateraufführungen oder Konzerten in vielen Arbeitsbereichen eine Selbstverständlichkeit. Nach eigener Auskunft besorgte Angela Merkel für die FDJ an ihrem Akademie-Institut die Karten. Im Vergleich zu ihr wirken bis heute Leute wie Friedrich Merz oder gar Zerstörer der fälschlich Gesundheitswesen genannten Reparaturmedizin wie Jens Spahn oder Karl Lauterbach psychisch nicht gesund, um es freundlich auszudrücken.
Welch Krankmacherei mit dem Ende der DDR auf seine Landsleute zukam, ahnte der Dichter Peter Hacks 1989/1990 und schrieb als Titel über einen Essay: »Unter den Medien schweigen die Musen«. Er hatte noch keine Ahnung von der Social-Media-Pandemie oder vom Kriegstüchtigkeitsdauergebrüll, er kannte nur den Kalten Krieg. Gelobt seien die Ärzte, die Patienten Schönes verordnen. Der Prado in Madrid, der Louvre in Paris oder die Gemäldegalerie in Berlin sind in Wirklichkeit Sanatorien und Widerstandsnester.
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vom 09.09.2025