Mit Künstlern gegen Krieg
Von Marc Bebenroth
Dicht gedrängt stehen die Filmenden und Knipsenden in der ersten Reihe. Man wartet auf die prominenten Gesichter. Am Montag haben die BSW-Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht, der Rapper Wasiem Taha alias Massiv und der Theaterbetreiber sowie Schauspieler Dieter Hallervorden in Berlin vor Journalisten die Werbetrommel für die von ihnen initiierte Kundgebung »Stoppt den Völkermord in Gaza!« gerührt. Sie soll am Sonnabend nachmittag am Brandenburger Tor stattfinden. Wagenknecht, Hallervorden und Massiv rufen dazu gemeinsam mit der Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, ehemals Moskau-Korrespondentin der ARD, sowie den Sängern Peter Maffay und Julian »Bausa« Otto auf.
Deutlich verurteilte die BSW-Chefin das genozidale Vorgehen des israelischen Militärs. Nichts rechtfertige, »wahllos Kinder und Zivilisten zu bombardieren, auszuhungern und zu vertreiben«. Die vom Bündnis »Welt in Frieden« getragene Veranstaltung soll nicht bloß den von israelischer Armee und Regierung begangenen Völkermord an den Palästinensern anprangern, sondern auch an die Regierungen in Berlin und Brüssel appellieren, ihre Unterstützung einzustellen – von Waffenlieferungen bis zum EU-Assoziierungsabkommen.
In seinem online veröffentlichten Appell spricht sich das Bündnis gegen die Doppelmoral im Regierungslager aus: »Wenn Russland Völkerrecht bricht, fordert man mehr Waffen für die Ukraine. Wenn Israel das Völkerrecht bricht, heißt es, wir sollen weiter liefern.« Selbiges gelte für die USA oder die Aufrüstung in der BRD. »Wir verurteilen Kriegsverbrechen überall – in der Ukraine, in Gaza, im Iran oder anderswo«, lautet die Losung. Wohl in diesem Sinne will das Bündnis auch die Medienlandschaft »dazu drängen, die Wahrheit auszusprechen«, wie es der Rapper Massiv formulierte. Er wisse, wovon er spreche, da er – auch begleitet von deutschen Journalisten – im Westjordanland gewesen sei und das Vorgehen der Behörden dort mit eigenen Augen gesehen habe. Wie auch Massiv sprach sich die BSW-Vorsitzende Wagenknecht für eine Zweistaatenlösung als einzigen Weg »zu einem nachhaltigen Frieden« aus – wobei die israelische Regierung allein schon mit dem illegalen Siedlungsbau diesen Weg zusehends versperre.
Hallervorden erinnerte daran, dass er bereits im April 2024 gesagt habe, »was ich von der Situation im Gazagebiet halte«. Zur uneingeschränkten Solidarität mit Israel meinte er: »Gerade Freunden gegenüber« müsse man diese auf Fehler hinweisen. Deshalb habe er damals schon von Völkermord gesprochen – und dafür medial »auf die Schnauze bekommen«. Angesichts dessen, was in Gaza passiert, sprach er am Montag von einem »Kinderfriedhof«.
Die Frage eines Journalisten zum mit mehrfachen Antisemitismusvorwürfen konfrontierten britischen Musiker Roger Waters beantwortete Wagenknecht damit, dass sie nicht »viel davon halte«, Kritik an der israelischen Regierung als antisemitisch zu bezeichnen. »Die Kriegführung Israels hat eben leider nichts mehr mit Selbstverteidigung zu tun.« Wagenknecht werde sich aber nicht »mit jemandem zusammenschließen, der das Existenzrecht Israels in Frage stellt«. So etwas habe sie von Waters nicht vernommen, daher werde er mit einem Statement die Kundgebung unterstützen.
In der Vergangenheit begegnete die Berliner Polizei Palästina-Kundgebungen mit einem Großaufgebot und Gewalt. Darauf von jW angesprochen, erklärte Wagenknecht, die Organisatoren seien um eine »gute Kooperation mit der Polizei« bemüht. Man sei »zuversichtlich«, dass es weder auf der Kundgebung noch seitens der Polizei zu Übergriffen kommen werde. So wie sie eingangs das »Massaker, das die Hamas zu verantworten hat«, verurteilte – gemeint war der 7. Oktober 2023 –, führte sie auf Nachfrage von junge Welt aus, warum jenes Existenzrecht des Staates Israel in jedem Fall zu verteidigen sei: Alle Deutschen seien vor dem Hintergrund der schlimmsten Verbrechen des Holocaust »dringend verpflichtet, dieses Existenzrecht Israels zu verteidigen«. Wagenknecht kann oder will dann doch nur mit einem Bein den Staatsräsonmainstream verlassen.
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