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Aus: Ausgabe vom 06.09.2025, Seite 8 (Beilage) / Wochenendbeilage

Málà sù chao shūcài piàn

Von Maxi Wunder

China, Russland – täterää, plus Kim Jong Un. Udo schaut die Militärparade in Beijing und ist fasziniert. »Kannst du mal umschalten?«, fragt Rossi genervt, »ich seh nur Riesendildos im Camouflage-Look.« – »Das sind mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen namens Dong Feng!«, korrigiert sie Udo pikiert. »Reichen bis in die USA und nach Europa. Wie soll Asien sich denn gegen den Westen anders behaupten?! … ›Igittigitt, Dildos‹ … So ein Mädchengedöns … Frollein, wenn du dich nicht für den Krieg interessiert, wirst du den Frieden niemals – äh …« – »Ja, was?« – »Ach, frag doch Maxi.«

Bitte nicht. Ich hab’ keine Ahnung. »Dong Feng? Ja, also dialektisch Dong Feng Shui. Die Rakete schlägt ein, sagen wir mal in Storkwitz im Landkreis Nordsachsen, und führt dadurch zur Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung qua Verschmelzung mit den fünf Elementen, öhm, basierend auf der Philosophie des Daoismus … Wir benötigen hierfür Feuer, Wasser, seltene Erden …« – »Danke, Maxi!«, »Dann noch Holz und Metall …« – »Ich sagte: danke!!!« Rossi ist an einer Fortsetzung meines Vortrags offenbar nicht interessiert. Dann eben nicht.

Ich meine, was soll man sich da echauffieren? Als Frauen würden wir auf so einer Parade natürlich lieber berittene weibliche Eliteeinheiten sehen wie etwa Amazonen oder Walküren. Was hatten die eigentlich für Waffen? Ach ja, Schwerter. Aber dann kam das Patriarchat, und schon wurden unsere Schwerter zu Küchenmessern. Eine Entwicklung, die leider auch nicht zu mehr Frieden, aber immerhin zu kleinteiligeren Speisen führte, wodurch wiederum mehr Vielfalt auf den Teller passte: der vielleicht einzige und auch nur indirekte Vorteil des Patriarchats. Hier ein Beispiel aus der chinesischen Küche:

Einen Wok stark erhitzen, zwei EL neutrales Öl hineingeben. Frischen, feingehackten Ingwer, gehackten Knoblauch, eine kleine rote, in feine Ringe geschnittene Chilischote und einen TL leicht angeröstete und grob gemörserte Sichuan-Pfefferkörner kurz darin anbraten, bis es duftet. 150 g in Streifen geschnittene Austernpilze oder Kräuterseitlinge hinzufügen und kräftig anbraten. Dann eine rote, in Streifen geschnittene Paprika sowie eine kleine Karotte, in Julienne, sowie eine kleine, in Streifen geschnittene Zucchini dazugeben. Einen TL Dòubànjiàng (Chilibohnenpaste) einrühren, mit zwei EL heller Sojasauce, einem TL Zucker und einem EL Shaoxing-Reiswein (optional) ablöschen. 100 g kurz blanchierte Brokkoliröschen dazugeben und alles ein bis zwei Minuten unter Rühren braten – das Gemüse soll knackig bleiben. Mit einem TL Sesamöl abrunden, in feine Ringe geschnittene Frühlingszwiebeln darüberstreuen. Dazu passt klassischerweise Jasminreis oder – moderner – Süßkartoffelglasnudeln.

»Mein Gott, Walter!« – »Was? Rossi, ist alles in Ordnung?« – »Udos Spruch, meine ich. Er ist von Walter Benjamin: ›Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg‹, stimmt’s?« Beijing hat das am 3. September auf seine Weise getan.

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