Aus Leserbriefen an die Redaktion

Wo bleibt der Aufschrei?
Zu jW vom 27.8.: »›Es droht eine neoliberale Restauration‹«
Es ist erschreckend, dass der DGB mit seinen Forderungen den Zerstörern des Sozialstaats keine Knüppel zwischen die Beine wirft, sondern auch mit dem Aufruf zum 1. September (Antikriegstag) der Aufrüstung das Wort redet. Das bedeutet nun mal, Steigbügelhalter für den grausamen Sozialabbau zu sein. Und wo bleibt der Aufschrei der Gewerkschaftsbasis?
Leo Pixa, per E-Mail
Selber nachprüfen
Zu jW vom 2.9.: »Bastionen gegen den Regen«
Die Feststellung: »Anders als das UZ-Pressefest der DKP ist es kein reines Parteifest, sondern ein offenes Forum für linke Bewegungen und Initiativen«, kann Missverständnisse erzeugen. Die Intention der KPÖ mag eine etwas andere sein, jedoch war bisher jedes der Feste, die die DKP ausgerichtet hat, offen für linke und fortschrittliche Bewegungen und ihre Gruppierung und ähnliches gewesen. Für jede(n), die noch nicht auf einem solchen einmaligen hiesigen »Parteifest« war, ist nur zu empfehlen, das bei der nächsten Gelegenheit selbst einmal nachzuprüfen. Ich kann versichern, er oder sie und wer auch immer wird in aller Regel zufrieden und auch auf irgendeine Art über Unerwartetes erstaunt sein.
Helmut Hammerbauer, Münster
Dickes Brett
Zu jW vom 3.9.: »Keine deutschen Millionen?«
Die westdeutsche Kumpanei bei der Atombewaffnung Israels weitete sich später noch auf das rassistische Apartheidregime in Südafrika aus. Mitte der 1970er Jahre dokumentierten der African National Congress und die Antiapartheidbewegung in der BRD die nukleare Zusammenarbeit zwischen Bonn und Pretoria. Und: Die Nuklearmacht Israel half den Rassisten am Kap entscheidend beim Bau der Bombe. So schließt sich der Kreis. Die westdeutsche Bundesrepublik war damals klar auf der falschen Seite der Geschichte, so wie es die gesamtdeutsche BRD heute wieder – oder besser: immer noch – ist. Nachdem im Januar 2024 Südafrika beim Internationalen Gerichtshof Anklage gegen Israel wegen Völkermords/Genozids in Gaza erhoben hatte, war es die deutsche Regierung, die sofort und als einziges Land dem rechtsradikalen Netanjahu-Regime juristische Hilfe anbot. Dass in Palästina ein geplanter Vernichtungs- und Vertreibungskrieg vor den Kameraaugen der Welt stattfindet, ist inzwischen nicht mehr zu leugnen. Da muss man schon ein dickes Brett – mit der Aufschrift »Staatsraison« – vorm Kopf haben, um das nicht zu erkennen.
Detlev Reichel, Tshwane (Südafrika)
Kanonenfutter
Zu jW vom 2.9.: »Können wir uns Merz noch leisten?«
Merz konnten wir uns noch nie leisten. Aber die Warnungen, die es im Vorfeld der Bundestagswahl gab, verhallten ungehört. Und Die Linke hatte nach dem historischen Debakel des ersten Wahlgangs nichts Besseres zu tun, als ganz schnell für den zweiten Wahlgang noch am selben Tag zu stimmen. Und es war doch abzusehen, dass dieses auch von der Partei Die Linke im Bundesrat nicht verhinderte Riesenrüstungspaket auf Kosten des Sozialstaates gehen wird. Die Verelendung der Masse der Bevölkerung wird zugunsten der Rendite von Rüstungsaktionären weiter vorangetrieben. – Die Waffen liefern die Reichen, die Armen liefern die Leichen.
Sollen jetzt die Bürgergeldempfänger in die Bundeswehr gepresst werden? Und wer verweigert, dem werden das Bürgergeld oder andere Sozialleistungen gestrichen? Dann wird aus dem diskutierten freiwilligen Wehrdienst ein wirklicher Zwangsdienst – ein Dienst aus sozialen Zwängen. Aber ob diese so ins Militär gepressten Menschen wirklich »motiviert« sind? Zum Sterben an die Front, um seiner Familie das Überleben zu sichern? Krieg als soziale Sicherungsmaßnahme – dieser Zynismus ist nicht auszuhalten. Dieser Logik können nur die folgen, denen es erstens zu gut geht und zweitens für die die Front maximal eine Linie auf einer Stabskarte ist. Sie werden nie Pulverdampf riechen, und ihnen wird nie eine Kugel um die Ohren pfeifen. Obwohl sie es als erstes verdient hätten.
Andreas Eichner, z. Zt. Dedenitz (Österreich)
Wert und Bewertung
Zu jW vom 3.9.: »Tiefschürfende Erkenntnisse«
Schöne Beschreibung eines wesentlichen kapitalistischen Prinzips. Das Bewerten von allem und jedem ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Das Ranken von Sportgrößen, Landschaften oder Lieblingsspeisen fällt uns genauso leicht wie die Einordnung von psychischer Belastung (auf einer Skala von eins bis zehn), Schmerzerfahrung oder erbrachter schulischer Leistung. Dabei ist es keinesfalls selbstverständlich, qualitativ höchst unterschiedliche Phänomene auf eine abstrakte Vergleichsgröße in Form einer reinen Zahl zu beziehen. Woher kennen wir das? Wir machen es tagtäglich beim Kauf und Verkauf: Ein Stuhl, ein Kilo Kartoffeln und der Friseurbesuch werden auf das reine Tauschmittel Geld bezogen. Und wir sind gezwungen, dies zu tun, denn nur mit und durch Geld kommen wir an die nötigen und gewünschten Gebrauchsgüter, die denn auch folgerichtig einen rein quantitativen (Tauschwert) repräsentieren. Erst mit dem Geld kommt auch historisch erst die (Denk-)Möglichkeit in die Welt, unterschiedlichsten Dingen einen Zahlenwert zuzuordnen und damit die Indifferenz bezüglich der Qualität eines Dings. An dieser Stelle sei wärmstens die Folge »Indifferenz« des Podcasts »Die Moneyprofiler« empfohlen, welcher dem Phänomen Geld dicht auf den Fersen ist und dessen kapitale Verbrechensliste minutiös nachzeichnet und detailliert erklärt.
Stefan Köpke, Dresden
Elegant
Zu jW vom 1.9.: »Kleine Kunst, wilde Nacht«
Wunderbar, wie jemand so elegant über Van Morrison erzählen, schreiben kann, sein opulentes Wissen teilend. Das zeugt von großer Liebe zur Kunst des Sängers und Songwriters Van Morrison und erinnert mich melancholisch an vergangene Zeiten. (…)
Christian Bodinek, Horgen (Schweiz)
Zum Sterben an die Front, um seiner Familie das Überleben zu sichern? Krieg als soziale Sicherungsmaßnahme – dieser Zynismus ist nicht auszuhalten.
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