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Aus: Ausgabe vom 06.09.2025, Seite 8 / Ansichten

Historikerin des Tages: Kaja Kallas

Von Reinhard Lauterbach
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Kaja Kallas

Die Balten behaupten ja gern, ihre »historische Erfahrung« speise ihre tiefe Abneigung gegen Russland. Abgesehen davon, dass man mit »historischen Erfahrungen« so ziemlich alles begründen oder besser: illustrieren kann, was man will – Kaja Kallas, aus Estland stammende EU-Außenbeauftragte, hat diesen Anspruch gerade widerlegt. Stellte sie sich doch in einem Auftritt bei Eudebates.tv hin und erklärte, es sei ihr vollkommen neu, dass sich Russland und China auf eine gemeinsame Vergangenheit als Kämpfer gegen Faschismus und Militarismus im Zweiten Weltkrieg beriefen.

Das wäre ja an sich nicht weiter schlimm; nicht jeder muss sich für Feinheiten der Geschichte wie die interessieren, wer im größten Krieg der europäischen Geschichte auf welcher Seite gestanden hat. Da käme die gute Frau Kallas auch in eine arge Zwickmühle, wenn sie das täte: entweder sie weiß dann, dass die Sowjetunion an diesem Krieg nicht nur beteiligt war, sondern ihn sogar noch gewonnen hat – dass also die falsche Seite gesiegt hat; oder sie müsste eingestehen, dass ihre Parteinahme für die estnischen Nationalisten, Kollaborateure der Nazibesatzung, ihr zwar innenpolitisch Punkte bringen mag, sie aber auf die Seite der historischen Verlierer stellt. Und dann auch noch China? War da was? Irgendein Krieg gegen Japan vielleicht oder ein anschließender Bürgerkrieg, aus dem die kommunistische Volksarmee nach schweren Verlusten siegreich hervorgegangen ist? Ja, die Welt ist voller »seltsamer Narrative«, deren Existenz sich eine Kallas beim besten Willen nicht erklären kann.

Muss sie ja auch nicht. Brüssel ist in seinem Kampf gegen das eigene Absinken in die Bedeutungslosigkeit immun gegen Argumente oder auch nur Kenntnisse. Es sucht sich die Kader, die es braucht, und findet sie in Ignorantinnen wie Kaja Kallas.

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