Ideen für den großen Krieg
Von Philip Tassev
Eines muss man Roderich Kiesewetter lassen: Wenn es um Vorschläge geht, wie die NATO endlich in die direkte Konfrontation mit der russischen Armee hineingezogen werden könnte, beweist der CDU-Mann immer wieder Kreativität. Am Freitag wurde er im Interview mit dem Deutschlandfunk gefragt, wie er denn Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zwingen möchte. Kiesewetters Antwort: Eigentlich »gar nicht«. Aber ein paar »Ideen« hatte er dann doch: Die russische »Schattenflotte« müsse gestoppt, »unsere« Rüstungsindustrie endlich »angeworfen« und das in der EU eingefrorene russische Vermögen der Ukraine zur Verfügung gestellt werden, »auch als Signal an Staaten, die sich nicht an die regelbasierte Ordnung halten«.
Wirklich in sich hat es aber Kiesewetters Vorschlag, es der »Koalition der Willigen« zu erlauben, die Flugabwehr im ukrainischen Luftraum zu übernehmen – von NATO-Gebiet aus. Heißt: Westliche Flugabwehrsysteme sollen also beispielsweise von polnischem Territorium aus russische Raketen, Flugzeuge oder Drohnen abschließen. Der große Krieg gegen Russland wäre damit Realität.
Was konkret beim Treffen der »Koalition der Willigen« am Donnerstag in Paris besprochen wurde, ist nicht bekannt. Der Gastgeber, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, erklärte lediglich, 26 Länder hätten sich verpflichtet, in die Ukraine »Soldaten im Rahmen einer Absicherungstruppe zu entsenden oder auf dem Boden, im Meer oder in der Luft präsent zu sein«, ging aber nicht näher darauf ein, wie genau diese »Absicherung« aussehen soll. Der deutsche Beitrag bestehe laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) insbesondere in der »Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung ukrainischer Streitkräfte«. Über die Stationierung der Bundeswehr in der Ukraine werde Deutschland nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius »zu gegebener Zeit entscheiden, wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind«. Reuters berichtete am Donnerstag unter Berufung auf »Insider«, die Bundesregierung plane, Kiew etwa beim Bau von »Präzisionswaffen wie Marschflugkörper und so weiter« zu unterstützen. Merz hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt erklärt, über Waffenlieferungen an Kiew künftig nicht mehr öffentlich sprechen zu wollen.
Dennoch sah sich das Kanzleramt offenbar genötigt, einen Bericht des russischen Geheimdienstes zu dementieren, wonach Merz angeordnet habe, die Beteiligung Berlins an der Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine zu verschleiern. Gegenüber der Berliner Zeitung sagte am Donnerstag zwar ein Regierungssprecher, diese Darstellung sei falsch, fügte aber hinzu: »Im übrigen äußert sich die Bundesregierung nicht zu Einzelheiten des Rüstungsexports an die Ukraine.«
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