Gegründet 1947 Montag, 15. September 2025, Nr. 214
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 06.09.2025, Seite 4 / Inland
Ukraine

Ideen für den großen Krieg

NATO-Flugabwehr für Kiew: CDU-Politiker drängt auf Eskalation
Von Philip Tassev
imago807118028.jpg
Westliche Streitkräfte sollen ukrainischen Luftraum schützen, fordert Kiesewetter (Berlin, 8.6.2024)

Eines muss man Roderich Kiesewetter lassen: Wenn es um Vorschläge geht, wie die NATO endlich in die direkte Konfrontation mit der russischen Armee hineingezogen werden könnte, beweist der CDU-Mann immer wieder Kreativität. Am Freitag wurde er im Interview mit dem Deutschlandfunk gefragt, wie er denn Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zwingen möchte. Kiesewetters Antwort: Eigentlich »gar nicht«. Aber ein paar »Ideen« hatte er dann doch: Die russische »Schattenflotte« müsse gestoppt, »unsere« Rüstungsindustrie endlich »angeworfen« und das in der EU eingefrorene russische Vermögen der Ukraine zur Verfügung gestellt werden, »auch als Signal an Staaten, die sich nicht an die regelbasierte Ordnung halten«.

Wirklich in sich hat es aber Kiesewetters Vorschlag, es der »Koalition der Willigen« zu erlauben, die Flugabwehr im ukrainischen Luftraum zu übernehmen – von NATO-Gebiet aus. Heißt: Westliche Flugabwehrsysteme sollen also beispielsweise von polnischem Territorium aus russische Raketen, Flugzeuge oder Drohnen abschließen. Der große Krieg gegen Russland wäre damit Realität.

Was konkret beim Treffen der »Koalition der Willigen« am Donnerstag in Paris besprochen wurde, ist nicht bekannt. Der Gastgeber, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, erklärte lediglich, 26 Länder hätten sich verpflichtet, in die Ukraine »Soldaten im Rahmen einer Absicherungstruppe zu entsenden oder auf dem Boden, im Meer oder in der Luft präsent zu sein«, ging aber nicht näher darauf ein, wie genau diese »Absicherung« aussehen soll. Der deutsche Beitrag bestehe laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) insbesondere in der »Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung ukrainischer Streitkräfte«. Über die Stationierung der Bundeswehr in der Ukraine werde Deutschland nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius »zu gegebener Zeit entscheiden, wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind«. Reuters berichtete am Donnerstag unter Berufung auf »Insider«, die Bundesregierung plane, Kiew etwa beim Bau von »Präzisionswaffen wie Marschflugkörper und so weiter« zu unterstützen. Merz hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt erklärt, über Waffenlieferungen an Kiew künftig nicht mehr öffentlich sprechen zu wollen.

Dennoch sah sich das Kanzleramt offenbar genötigt, einen Bericht des russischen Geheimdienstes zu dementieren, wonach Merz angeordnet habe, die Beteiligung Berlins an der Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine zu verschleiern. Gegenüber der Berliner Zeitung sagte am Donnerstag zwar ein Regierungssprecher, diese Darstellung sei falsch, fügte aber hinzu: »Im übrigen äußert sich die Bundesregierung nicht zu Einzelheiten des Rüstungsexports an die Ukraine.«

75 für 75

Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.

 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche:

  • Roter Teppich für Wolodimir Selenskij am Mittwoch in Berlin
    30.05.2025

    Waffen vor Gesprächen

    Bundesregierung verspricht Ukraine weitere Waffen und Milliarden. Neue Verhandlungsrunde zwischen Russland und Ukraine bestätigt
  • Endlich Kriegspartei – Freude im Verteidigungsausschuss über Bun...
    17.05.2022

    100 Milliarden fürs Töten

    Dokumentiert. Vor der Beratung des Bundestags über das sogenannte Bundeswehrsondervermögensgesetz
  • Demonstration für den Frieden: Die Linke-Vorsitzenden Bernd Riex...
    14.03.2015

    Opposition statt Nacheilen

    Neue Kriege, neue Verantwortung: Die Linke muss für eine friedenspolitische Perspektive kämpfen, statt von einer Koalition mit SPD und Grünen zu träumen

                                                                 Aktionsabo: 75 Ausgaben für 75 Euro