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Aus: Ausgabe vom 05.09.2025, Seite 8 / Ansichten

Wendeverlierer des Tages: Günther Krause

Von Nico Popp
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Nicht der erste Auftritt im Gerichtssaal: Günther Krause im Landgericht Rostock während eines Prozesses, der mit einer Bewährungsstrafe wegen Bankrotts und versuchten Betrugs endete (4.9.2023)

Ob Günther Krause inzwischen bereut, den Einigungsvertrag unterschrieben zu haben, ist nicht bekannt. Mittlerweile muss man ihn wohl einen »Wendeverlierer« nennen. Der ostdeutsche Normalfall also. Nur war der »Kollaborateur aus dem Osten« (Klaus Huhn) im Gegensatz zu Millionen anderen, die ohne eigenes Verschulden niedergewalzt wurden, für einen kurzen Moment zumindest mit dem kleinen Finger am Lenkrad, hat also ein bisschen was auf dem Kerbholz.

Der bis dahin unbescholtene Ingenieur und Fachmann für angewandte Rechentechnik geriet 1990 auf die schiefe Bahn, als er erst zum Staatssekretär beim Ministerpräsidenten der DDR-Abwicklungsregierung und dann zum Bundesminister für besondere Aufgaben avancierte. Die Politkarriere von Krause, der Angela Merkel vor der Bundestagswahl im Dezember 1990 den Wahlkreis Stralsund-Rügen verschaffte, war 1993 nach allerlei Affären beendet. Seither legt Krause einen Absturz in Zeitlupe hin.

Strafe muss sein. Wer aber dachte, Krauses Päckchen sei nach Pleiten, Prozessen, Verurteilungen und einem Auftritt im RTL-»Dschungelcamp« schwer genug, irrt: Am Donnerstag war der B. Z. zu entnehmen, dass der Minister a. D. vor der Zwangsräumung steht. 40.000 Euro Mietschulden für die Doppelhaushälfte in Werder (Havel) sollen aufgelaufen sein. Ein Räumungsurteil sei rechtskräftig, für den 19. September habe sich der Gerichtsvollzieher angekündigt. Die Stimme Westberlins zeigt kein Erbarmen mit dem »Mietnomaden«: Der Garten sei verwahrlost, Nachbarn hätten sich beschwert, bei der Eigentümergemeinschaft herrsche nun »große Erleichterung«.

Eine Aufnahme Krauses mit Bademantel in der Haustür ist »beim B. Z.-Besuch« auch entstanden. Derlei würde sich das Blatt bei gefallenen CDU-Größen aus dem Westen nie erlauben – bei einem Ossi ist das statthaft, und sei es der Unterzeichner des Einigungsvertrags höchstpersönlich. Oder, umgekehrt, gerade bei dem. Pacta sunt servanda.

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  • Leserbrief von Eastgermannative aus Lichtenau (5. September 2025 um 09:17 Uhr)
    Du bist sehr nachsichtig mit dem Oberganoven,dem Leichenfledderer und Zäpfchen des deutschen jetzt wieder nazistischen imperialistischen Deutschlands,in dem wieder z.B. thüringische Soldaten an der Ostfront stehen.

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