Blau an der Spitze
Von Marc Bebenroth
Noch ein Jahr bis zur nächsten Wahl. Die parlamentarische Rechtsaußenpartei steht schon jetzt an erster Stelle. Mit 39 Prozent Zustimmung ist die AfD in Sachsen-Anhalt nunmehr die im Landtag vertretene Kraft mit den meisten Fürsprechern. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Ergebnis einer Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des MDR, der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme unter mehr als 1.100 Menschen hervor. Im Vergleich mit dem Ausgang der zurückliegenden Landtagswahl vom 6. Juni 2021 stieg der Zuspruch für die AfD demnach um 18,2 Prozent. Damals hatten 221.487 Wahlberechtigte ihre Zweitstimme bzw. 231.871 ihre Erststimme der Partei des Landesvorsitzenden Martin Reichardt gegeben.
Die Befragung sieht die CDU von Nochministerpräsident Reiner »Unser Gegner ist die AfD« Haseloff bei 27 Prozent, die Linkspartei auf Platz 3 mit 13 Prozent, die SPD bei sieben sowie das BSW bei sechs Prozent. Wäre dies das Ergebnis einer echten Landtagswahl, müsste die CDU schon mit Die Linke und SPD oder mit Die Linke und BSW koalieren, um eine Mehrheit der 83 Sitze zu besetzen und so eine weitere Legislaturperiode lang die AfD von Regierungsposten fernhalten zu können. Zu ihrer Wunschkoalition befragt, sprachen sich rund 47 Prozent der Teilnehmenden für eine CDU-geführte Regierung aus, wie der MDR berichtete. 37 Prozent der Befragten wünschen sich demnach die AfD auf der Regierungsbank.
Die Gründe für die Stimmen bzw. die Zustimmung »dürften vielfältig sein«, wie es dpa am Donnerstag formulierte. »Die AfD ist nur so stark, weil die anderen Parteien Fehler gemacht haben. Ohne diese Defizite läge die AfD mit ihrer Programmatik im einstelligen Prozentbereich, mehr nicht«, war Haseloff in einem am 1. Mai dieses Jahres veröffentlichten Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum Thema eingefallen. Der CDU-Politiker kam dabei auch auf die materielle Basis zu sprechen: »Ein Viertel der Wirtschaftskraft Sachsen-Anhalts hängt an der Chemie, unserer Leitbranche«, sagte er dem Blatt. »Da steht es Spitz auf Knopf, absolute Alarmstimmung.«
Im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl ist der Sprung in den Prozentwerten der AfD groß. Ein Blick auf die Wahl zum EU-Parlament vom 9. Juni 2024 zeigt, dass sie zuvor bereits auf ähnlichem Niveau abgeschnitten hatte. Damals hatte die AfD in fast allen Wahlkreisen in Sachsen-Anhalt ein gutes Drittel der Stimmen auf sich vereinen können. Erzielte sie in Magdeburg 24,2 und in Halle 23,5 Prozent der gültigen Stimmen, waren es im Rest des Landes zwischen 31,2 (Altmark-Jerichower Land) und 35,7 Prozent (Burgenland-Saalekreis).
Die amtlichen Zahlen zur Erwerbslosenquote, die im Juli 2025 veröffentlicht wurden, korrespondieren dabei nicht immer mit den hohen Werten der AfD – was kaum verwundern dürfte, da es keineswegs ausschließlich Erwerbslose sind, die massenhaft ihr Kreuz bei der Rechtsaußenpartei machen. Den im Juli gemeldeten Höchstwert verzeichnete der Landkreis Mansfeld-Südharz mit 10,2 Prozent. Im Bördekreis lag die Erwerbslosenquote demnach mit 7,7 Prozent am niedrigsten. Eine hohe Quote wird außerdem für den Kreis Stendal, Dessau-Roßlau, Halle und den Salzlandkreis ausgewiesen.
Haseloff, der am Donnerstag abend an den Feierlichkeiten zu 100 Jahren Bauhaus in Dessau teilnehmen sollte, hatte bereits Anfang August seinen Rückzug angekündigt und Wirtschaftsminister Sven Schulze als nächsten Spitzenkandidaten des CDU-Landesverbands vorgeschlagen.
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