Gegen die Macht der Superreichen
Von David Siegmund-Schultze
Die Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten gewinnt an Schwung: Ein breites Gewerkschaftsbündnis hat am Labor Day, dem US-amerikanischen Pendant zum 1. Mai, zu landesweit mehr als 1.000 Demonstrationen unter dem Motto »Workers over billionaires« (Arbeiter vor Milliardären) aufgerufen. Die Gruppe »May Day Strong« (Starker Maifeiertag) rief dazu auf, am Montag »mehr als nur ein Grillfest« zu veranstalten, denn »wir müssen die Übernahme durch die Milliardäre verhindern«, heißt es in einer Pressemitteilung. Dazu brauche es »kollektives Handeln«. Neben dem größten Gewerkschaftsdachverband des Landes, AFL-CIO, und zahlreichen weiteren Arbeiterverbänden sind auch NGOs an dem Bündnis beteiligt, das bereits zum 1. Mai Proteste organisierte.
»Milliardäre verwandeln die Regierung in ihre private Kasse und haben gerade die größte Vermögensverschiebung in der Geschichte der USA beschlossen«, heißt es in der Pressemitteilung von May Day Strong. »Das Geld, das sie arbeitenden Familien wegnehmen, stecken sie in die Taschen von Milliardären und legen es zur Finanzierung einer privaten Armee von ICE-Agenten beiseite.« Das Bündnis will deswegen Arbeitskämpfe organisieren und mit der Protestbewegung gegen US-Präsident Donald Trump verbinden. Neben Bildung, Gesundheit und Wohnen für alle fordern sie den Stopp der Angriffe auf Migranten und Sozialleistungen, sowie, dass »in Menschen statt Kriege« investiert wird.
In Houston legten gleichentags die mehr als 400 Beschäftigten des Hilton-Hotels, einem der größten der Stadt, ihre Arbeit nieder. Zuvor konnte die Gewerkschaft »Unite Here Local 23« keine Einigung mit der Hotelführung über die Löhne der Arbeiter erzielen. Der zehntägige Streik ist der erste in der 25jährigen Geschichte der Gewerkschaft sowie der erste von Hotelarbeitern in Texas der vergangenen Jahrzehnte. Unite Here Local 23 will die erfolgreichen Streiks von Hotelarbeitern etwa in San Francisco oder Boston aus dem vergangenen Jahr nachahmen. Die Beschäftigten in Houston fordern unter anderem, dass der Stundenlohn von 16,50 auf 23 US-Dollar angehoben wird. Der US-weite gesetzliche Mindestlohn liegt bei 7,25 US-Dollar.
Vom US-Präsidenten war derweil am Montag lediglich ein Foto auf seiner Plattform Truth Social zu sehen, das ihn beim Händeschütteln mit lächelnden Arbeitern zeigt. Von seiner stellvertretenden Pressesprecherin Taylor Rogers hieß es: »Niemand hat mehr für Arbeiter und Arbeiterinnen getan, als Präsident Trump.« Rogers’ Chefin Karoline Leavitt ergänzte in einer weiteren Stellungnahme, dass Trump Arbeiter in seiner Politik »immer an erste Stelle setzt«. Kaum zu glauben, dass Gewerkschafter und Linke nichtsdestotrotz Gründe für Protest gegen die US-Administration ausfindig machen konnten: Da wären einmal gewaltige Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmen im Rahmen der »Big Beautiful Bill« (Großes schönes Gesetz). Hinzu kommen drastische Kürzungen etwa von Sozialleistungen für arbeitende Familien, beim Gesundheitsprogramm Medicaid oder dem Lebensmittelhilfeprogramm SNAP. Und nicht zuletzt hat der US-Präsident im März ein Gesetz seines Vorgängers Joe Biden gekippt, das Hunderttausenden Arbeitern von Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten, deutliche Lohnerhöhungen brachte – ihnen drohen nun Lohneinbußen von bis zu 25 Prozent.
»Es gibt fast 1.000 Milliardäre im Land mit einem Gesamtvermögen von sage und schreibe sechs Billionen Dollar, und das reicht ihnen immer noch nicht«, so Saqib Bhattie, Geschäftsführer des »Action Center on Race and the Economy«, das sich ebenfalls an den Protesten beteiligt, in einer Stellungnahme. »Sie drängen gewählte Amtsträger dazu, die Leistungen von Medicaid, SNAP und die Sonderpädagogikförderung für Schulen zu kürzen, um ihre Steuererleichterungen zu finanzieren. Wir müssen den Milliardären Geld abnehmen. Wir müssen Gesetze vorantreiben, um Milliardäre auf staatlicher und lokaler Ebene zu besteuern. Wir müssen uns organisieren, um die nötige Macht des Volkes aufzubauen und ihr Geld zu überwinden.«
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