Wahlkampfhilfe
Von Jörg Kronauer
Nichts Neues im Südosten: In der Republik Moldau stehen Wahlen an – und Deutschland mischt sich wie üblich in den Wahlkampf ein. Das war schon 2016 so, als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor der moldauischen Präsidentenwahl die dem Westen genehme Kandidatin Maia Sandu traf. Das war 2020 nicht anders, als die damalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ein Unterstützungsvideo für Sandu verbreitete, und auch nicht 2024, als der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz kurz vor der Wahl in Moldaus Hauptstadt Chișinău eintraf. Auch vor Parlamentswahlen in Moldau haben deutsche Politiker sich immer wieder fotowirksam mit ihren einheimischen Favoriten in Szene gesetzt, so zum Beispiel im Frühjahr 2021 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Und weil am 28. September erneut das moldauische Parlament gewählt wird, trat Bundeskanzler Friedrich Merz am Mittwoch an Sandus Seite in Chișinău auf, gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Ministerpräsident Donald Tusk. Man hätte drauf wetten können.
Wie kommt’s? Nun, Moldau ist eines der Länder Ost- und Südosteuropas, in denen der erbitterte Machtkampf zwischen West und Ost, zwischen der deutsch dominierten EU und Russland noch nicht entschieden ist. Auch in Serbien, in Bosnien und im Südkaukasus tobt er noch; in Belarus hat Russland ihn gewonnen, in der Ukraine wird Krieg geführt. In Moldau ist die Bevölkerung dabei in zwei annähernd gleichstarke Teile gespalten, die jeweils eine West- bzw. eine Ostbindung des Landes befürworten. Daher gilt es, vor Wahlen jeweils kräftig die Trommel zu rühren – und, nebenbei, zuweilen ein wenig unorthodox nachzuhelfen. Man erinnert sich: Bei der jüngsten Präsidentenwahl hatte die prowestliche Regierung mehr als 100 Wahllokale im westlichen Ausland eingerichtet, aber nur drei in Russland. Prowestliche Stimmen konnten daher problemlos abgegeben werden, proöstliche eher nicht. Manipulation? Aber bitte! Sowas macht natürlich nur Putin; und dass in Moldau immer wieder proöstliche Parteien verboten werden, das hat, klar, bloß mit der Wahrung des Rechtsstaats zu tun.
Wird es bei Moldaus Parlamentswahl dank des Einsatzes von Merz, Macron und Tusk für eine prowestliche Mehrheit reichen? Wer weiß. Ein wenig pikant ist freilich, dass das in Chișinău fleißig wahlkämpfende Trio infernale – Merz rang sich sogar ein paar Worte auf rumänisch ab – nicht einmal die eigene Bevölkerung überzeugt. Merz hat jüngst erreicht, was Macron schon lange schafft: Er hat die Zustimmungsraten zu seiner Amtsführung unter 30 Prozent gesenkt. Auch Tusk hat den Wert kürzlich in Umfragen unterboten. Dass aus der EU nun ausgerechnet drei der unpopulärsten Musketiere in Moldau einreiten, um dort die Wahl zugunsten ihrer Parteigängerin Sandu zu entscheiden, die noch etwas mehr als 30 Prozent erzielt, ist eine sicherlich unbeabsichtigte, aber um so treffendere Aussage über den Zustand der EU.
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Leserbrief von B.S. aus Ammerland (29. August 2025 um 18:49 Uhr)Deutschland ist so kaputt, dass es wirtschaftlich bald so sein wird wie Griechenland, das hat uns der Nochkriegskanzler Friedrich Murks lauthals erklärt. Natürlich sind die Deutschen faul, machen nur krank, wollen immer mehr Lohn und Gehalt haben und nur noch in der sozialen Hängematte liegen. Ein Ergebnis der Politik von Merkel (Wir schaffen das!), der AmpelL (mit den drei größten Politikern Scholz, Habeck, Lindner). Da die deutsche Wirtschaft nur noch mit Zwangsabgaben für Arme zu retten ist und Krieg gleich Frieden ist, wird es nicht lange dauern, bis die Überlegungen greifen: »Wenn Du Probleme im Innern hast, mach Krieg!« Und den reden die Nachkommen jener Geister herbei, die sich ein 1000jähriges Reich wünschten.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (29. August 2025 um 11:20 Uhr)Die drei von der Tankstelle! Zu Hause brennt’s lichterloh, die eigenen Leute laufen ihnen davon – aber in Moldau spielen sie die großen Retter. Man fasst sich an den Kopf: Wer im eigenen Land kaum noch Vertrauen genießt, will plötzlich anderswo als Vorbild auftreten. Lächerlicher geht’s kaum. Früher konnte man mit solchen PR-Nummern vielleicht noch ein paar Wähler einfangen, heute durchschaut das jeder halbwegs wache Bürger. In einer Zeit, in der Informationen in Sekunden durchs Netz gehen, wirken solche Auftritte wie billiges Provinztheater. Die Deutschen, Franzosen und Polen sollten ihre Chefs besser fragen, was sie in Chișinău verloren haben, während zu Hause das Chaos herrscht. Und die Moldauer täten gut daran, genau hinzusehen – sonst enden sie genauso im Schlamassel wie die Ukrainer, denen man auch erst große Versprechen gemacht hat!
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