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Aus: Ausgabe vom 27.08.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Antiasylaufmärsche in UK

Zur Räumung freigegeben

Britisches Gericht erlaubt Gemeinde Vorgehen gegen Asylsuchende in Hotelunterbringung
Von Dieter Reinisch
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Antiasylaufmarsch am Sonntag in Epping, Großbritannien

Ein Jahr nach den Pogromen gegen Migranten, bei denen über Wochen Moscheen und von Einwanderern geführte Geschäfte angegriffen wurden, kommt es in Großbritannien wieder zu rassistischen Aufmärschen. Das Ziel sind dieses Mal Hotels, in denen Asylsuchende von der Regierung untergebracht sind. Ein in der vergangenen Woche ergangenes Gerichtsurteil goss weiteres Öl ins Feuer. Nach einer Reihe von Ausschreitungen gegen Migranten in der Gemeinde Epping in der Grafschaft Essex darf die Stadtverwaltung die dortige Unterkunft für Asylsuchende in einem Hotel räumen lassen. Das Urteil vom 19. August könnte nach Einschätzung des Innenministeriums weitreichende Folgen für die Unterbringung von Geflüchteten in ganz Großbritannien haben.

Epping liegt rund 30 Kilometer nordöstlich Londons. Im Juli war es dort zu Ausschreitungen gekommen, nachdem ein Asylsuchender wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs auf ein 14jähriges Mädchen angeklagt worden war. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.

Hunderte Menschen haben seitdem an mehreren Kundgebungen vor dem Bell Hotel teilgenommen, das bislang als Unterkunft für 140 Asylsuchende dient. Die konservative Stadtverwaltung hatte in ihrem Antrag behauptet, durch eine weitere Unterbringung in dem Hotel bestehe die »klare Gefahr einer Eskalation der Spannungen in der Gesellschaft«. Die Zahl der landesweit in Hotels untergebrachten Geflüchteten ist laut Angaben des Innenministeriums innerhalb eines Jahres um acht Prozent auf 32.059 gestiegen, berichtete die Zeitung The Guardian am Dienstag vergangener Woche.

Am Wochenende gab es ausländerfeindliche Proteste in mehr als zwei Dutzend Städten. In einigen Orten, etwa in Liverpool, kam es zu Ausschreitungen. Den Aufmarsch dort hatte die Gruppe »Abolish Asylum System« organisiert. Mehrere hundert Teilnehmer versammelten sich mit Union-Jack-Flaggen vor der St. George’s Hall im Stadtzentrum. Bei den Auseinandersetzungen zwischen ihnen und der Polizei kam es nach offiziellen Angaben zu elf Festnahmen. Ein Protest gegen die Rechten wurde von der Gruppe »Stand Up To Racism« organisiert. Viele linke Gruppen und Gewerkschaften beteiligten sich daran.

Die Versammlungen in Liverpool ähnelten Demonstrationen in mehr als zwei Dutzend anderen Städten, darunter Bristol und London. Die Kundgebungen gegen Migranten begannen bereits Anfang August zum Jahrestag der letzten großen Unruhen. Auslöser der diesjährigen Protestwelle war der »Marsch für Remigration« der extrem rechten Gruppe »Britain First« in Manchester am 2. August. Ähnliche Märsche gab es in Nuneaton und Birmingham.

Unterdessen erläuterte der Vorsitzende der Rechtsaußenpartei »Reform UK«, Nigel Farage, in der Zeitung The Times vom Sonnabend, wie er sich »Massenabschiebungen« vorstellt. Menschen würden unter seiner Ägide bei ihrer Ankunft verhaftet, auf stillgelegten Militärstützpunkten festgehalten und im Rahmen bilateraler Abkommen nach Afghanistan, Eritrea und in andere Herkunftsländer zurückgeführt. Farages Partei hatte bei den Parlamentswahlen 2024 fünf Sitze errungen und liegt in den jüngsten Umfragen vorne.

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