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Aus: Ausgabe vom 27.08.2025, Seite 8 / Ansichten

An die Kandare nehmen

Von Daniel Bratanovic
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Trump is doing Trump things, die globale Öffentlichkeit schaut zu, inzwischen ermattet. Aber manche Handlung des US-Präsidenten ist dann doch noch für einen Aufreger gut, weil sie Folgen für Raum (Welt) und Zeit (Zukunft) haben könnte. Die Entlassung der Fed-Gouverneurin Lisa Cook ist so eine. Die Maßnahme gilt als beispiellos, und die damit einhergehende staatsrechtliche Unklarheit über ihre Zulässigkeit könnte einen Präzedenzfall schaffen und Gerichte beschäftigen. Dass aber Trump als Präsident tut, was noch keiner seiner Amtsvorgänger getan hat, erhellt wohl kaum die Schwere der Tat. Und das Ziel seiner Attacke – Frau, schwarz, vom Vorgänger Biden eingesetzt – mag vielleicht den erwiesenermaßen misogynen, höchstwahrscheinlich rassistischen und unbestritten rachsüchtigen Charakter des Mannes im Weißen Haus unterstreichen, aber sicher nicht sein Motiv erklären.

Näher an die Wahrheit gelangt, wer den Angriff auf das Personal der Federal Reserve als Teil umfassender Umbauten der Staatsapparate betrachtet, die nach dem Drehbuch der Agenda »Project 2025« erfolgen und die allesamt der Absicht dienen, die exekutiven Vollmachten zu stärken. Aber auch ein solcher Bonapartismus als inzwischen wahrscheinliches Ergebnis dieser Bemühungen, bliebe eine leere Bestimmung, wenn erweiterte politische Macht nicht bloßer Selbstzweck sein soll.

Warum also soll die Zentralbank der USA an die Kandare genommen werden? Der Staat ist ein Wirtschaftssubjekt sui generis, verhält sich aber nach anderer Logik als ein auf Profit orientiertes Einzelkapital. Seine Zentralbank hat die monetären Bedingungen für eine gelingende Akkumulation als Ganzes im Blick. Sie garantiert die Geldschöpfung der Privatbanken, kontrolliert die Geldmenge, bestimmt den Leitzins und sorgt sich um die Preisstabilität.

Dass die Fed, die nicht weisungsgebunden ist, derzeit besonders letzteres im Blick hat, weil sie aufgrund des der ganzen Welt erklärten Zollkriegs eine steigende Inflation im eigenen Land fürchtet, stört den US-Präsidenten. Der verlangt eine expansive Geldpolitik, also eine Senkung des Leitzinses, die nicht nur die Investitionslaune der Unternehmen heben, sondern vor allem die Zinslast der exorbitanten Staatsschuld senken soll.

Einstweilen erreicht Trump mit seiner Offensive das Gegenteil. Kurzfristig sind die Renditen auf US-Staatsanleihen an den internationalen Finanzmärkten gestiegen. Langfristig stellt eine von der US-Regierung abhängige Fed ein globales Wirtschaftsmodell in Frage, wie es seit Ende des Zweiten Weltkriegs Bestand hatte. Der US-Dollar könnte seinen Status als Weltgeld endgültig verlieren.

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