Donald, der Schleuser
Von Christian Selz, Kapstadt
Während die USA immer brachialer gegen Geflüchtete im eigenen Land vorgehen und weiteren afrikanischen Regierungen Deportationsabkommen für Drittstaatler aufnötigen, genießt eine südafrikanische Bevölkerungsgruppe bei der US-Regierung besondere Privilegien: weiße Afrikaaner. Etwa 30.000 der Nachfahren niederländischer Kolonialsiedler will Washington einem Reuters-Bericht zufolge kommendes Jahr in die USA umsiedeln. Die entsprechenden Antragsverfahren soll die Organisation Church World Service (CWS) für das US-Außenministerium übernehmen.
Das Thema habe »nicht auf der formellen Agenda des Kabinetts« gestanden, erklärte die südafrikanische Regierungssprecherin Nomonde Mnukwa am 13. August gegenüber dem Daily Maverick. Das Portal berichtete unter Berufung auf »tadellose Quellen« weiter, dass ein entsprechendes Gesuch des US-Außenministeriums zwar besprochen worden sei, beschrieb die vorherrschende Stimmung aber als »Verärgerung«. Bereits im Mai hatte der Sprecher des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, Vincent Magwenya, erklärt: »Unsere Position ist, dass es keine südafrikanischen Bürger gibt, die als Flüchtlinge klassifiziert werden können.«
Zu einer ähnlichen Einschätzung ist offensichtlich auch die Internationale Organisation für Migration (IOM) gekommen, die eine Zusammenarbeit bei der Umsiedlung der Afrikaaner ablehnte. Auch der Migrationsdienst der Episkopalkirche der USA, bis dato ein verlässlicher Partner Washingtons, hatte bereits im Mai eine Aufforderung des US-Außenministeriums zur Koordinierung der Umsiedlung abgelehnt. Unter Verweis auf ihr »Engagement gegen rassische Diskriminierung« beendete die kirchliche Organisation statt dessen ihre Kooperation mit der Trump-Regierung. Selbst der CWS hatte sich in einer Stellungnahme ebenfalls im Mai »besorgt« gezeigt, »dass die US-Regierung entschieden hat, die Aufnahme von Afrikaanern zu beschleunigen, während sie Gerichtsanweisungen, lebensrettende Umsiedlungen von anderen Flüchtlingsgruppen vorzunehmen, aktiv bekämpft«.
Der CWS übernahm dennoch die Aufgabe, die Umsiedlungsanträge der Afrikaaner zu übernehmen, steht aber vor dem Dilemma, dass er sein Büro in Pretoria im Juni 2024 geschlossen und seine mehr als 100 südafrikanischen Mitarbeiter entlassen hatte. Ende Juli stellte die Organisation deshalb Visaanträge für etwa 30 kenianische Mitarbeiter, die die Arbeit nun erledigen sollen. Da CWS jedoch keine registrierte Präsenz in Südafrika mehr hat, kann der Dienst für seine Mitarbeiter nach geltendem Recht keine Arbeitsvisa beantragen. Statt dessen sollen die Beschäftigten als Freiwilligendienstler registriert werden, womit sie dann allerdings kein Gehalt beziehen dürften – was sie laut Stellenausschreibung aber werden. Washingtons Forderung, die Visaanträge auch noch beschleunigt zu bearbeiten, stößt entsprechend auf wenig Gegenliebe.
Zusammengefasst kann gesagt werden: Die US-Regierung will für ihre Zwecke zu illegaler Migration anstiften. Erreicht werden soll damit nicht etwa die Rettung Verfolgter, sondern eine ultrarechte Perversion von Minderheitenschutz als reine Propagandakampagne. Der von US-Präsident Donald Trump herbeiphantasierte »Genozid« an weißen Landwirten in Südafrika ist durch Statistiken, Recherchen und Untersuchungen von Kriminalitätsforschern eindeutig widerlegt. Auch die Deutung von Regierungsprogrammen zur Stärkung von schwarzen Menschen in Wirtschaft und Arbeitsleben als Diskriminierung von Weißen ist nur unter Leugnung von dreieinhalb Jahrhunderten Kolonialherrschaft und Apartheid sowie der bis heute weitervererbten ökonomischen Schlechterstellung möglich. Den USA geht es dabei hauptsächlich darum, Pretoria vor dem Hintergrund von dessen Völkermordklage gegen Israel zu diskreditieren und zugleich das eigene ultrarechte Unterstützerlager mit dem Befeuern der Verschwörungstheorie vom Genozid an Weißen in Stellung zu bringen. Die Afrikaaner-Möchtegernflüchtlinge, übrigens Angehörige der noch immer mit Abstand wohlhabendsten Bevölkerungsgruppe in Südafrika, sind in diesem politischen Schachspiel nur einfache Bauern.
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