Gegründet 1947 Montag, 25. August 2025, Nr. 196
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Aus: Ausgabe vom 25.08.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Sarkasmus tut gut

Zu jW vom 21.8.: »Zitat des Tages«, »Union verteidigt Reichtum« und »Gerechtigkeit für Andi!«

Diese beiden Seiten habt ihr mal wieder super gemacht! Aber gut, kein Wunder, dass mir so was gefällt – ihr seid ja immerhin eine »linksextremistische« Zeitung und habt die demokratische Meckerecke von Genosse Ramelow auch nicht finden können. Baller-Bodo als links zu bezeichnen ist ja vielleicht auch extrem falsch? Who knows.

Dass die Union Reichtum verteidigt, findsch gut. Auf die Sozen ist da einfach kein Verlass. Erst schaffense die Vermögenssteuer ab, Hartz IV führen sie ein, und jetzt – oder ist das diese »Zeitenwende«? – wollnse plötzlich wieder ran an den Speck. Verwirrend. Nicht nur der Herr Selenskij braucht Sicherheitsgarantien. Ich auch!

Und zu guter Letzt die »Gerechtigkeit für Andi«! Danke. Ohne euren Sarkasmus ist Tagespolitik nicht auszuhalten. Unser »Rechts«-Staat ist eben aber auch ein großzügiger Fachverein mit viel Verständnis und Wohlwollen gegenüber Laien, und darum werd’ ich die demokratische Meckerecke sicher noch finden.

Viele Grüße aus dem trockenen Leipziger Land. (Die Fachleute sollten sich mal wieder um die Bewässerung kümmern. Wer ist eigentlich gerade Klimaminister?)

Boris Krumm, per E-Mail

Container voller MEW

Zu jW vom 22.8.: »›Besonders für ältere Menschen ist das hart‹«

Es trifft immer auch viele, die an dieser Misere unschuldig sind. 1989 tauschte unsere Familie die Wohnung in Schwerin mit einer anderen in einem neuen Wohnblock in Berlin-Hohenschönhausen, der meiner Vermutung nach für einen bestimmten Berufskreis errichtet worden war. Die andere Familie wollte jedenfalls sehr schnell wegziehen. Das Angebot war reiner Zufall, eine sehr schöne Wohngegend mit Blick ins Grüne in der Nähe von Orankesee, Fauler See, Obersee. Wären wir in Berlin geblieben, würde uns jetzt vielleicht auch das gleiche Schicksal ereilen wie das aus Potsdam geschilderte. Was mich damals entsetzte, waren die Müllcontainer dieses kleinen Komplexes von Neubauten. Sie quollen über von ganzen Bibliotheken der Werke von Marx und Lenin. Die entsorgte nicht nur eine Familie. Das waren viele Bibliotheken. Und der Durchschnittsbürger der DDR hatte zu Hause vielleicht einige Werke, aber nicht die Gesamtausgabe von Marx in seinem Wohnzimmer.

Viele der alten Mieter blieben in dem Haus wohnen. Alles hat seinen Preis. In der DDR herrschte Mangel an manchen Waren, aber weniger an erschwinglichem Wohnraum. Nun ist es umgekehrt – wie von SPD- (SDP-) und CDU-Wählern der DDR am 18. März 1990 wissentlich oder unwissentlich gewählt. Wenn man jetzt Mieter aus einer Wohnungsgesellschaft namens »Karl Marx« hinauswirft, so liegt das ganz entscheidend daran, dass zuerst Mieter solcher Wohnungen Karl Marx aus ihrer Wohnung entfernten. Viele von solchen Opportunisten gaben die DDR schon 1989 auf, ein Jahr vor ihrem vielleicht noch vermeidbaren Ende, während sie am 4. November 1989 als Redner auf dem Alexanderplatz davon allerdings noch kein Sterbenswörtchen verlauten ließen. Man weiß ja nie, wohin der Hase letztlich läuft. Aber da wurden von einigen Rednern bereits künftige Karrieren geschmiedet. Gregor Gysi wird garantiert niemand aus seiner Wohnung setzen, obwohl der sicher seine vollständige Bibliothek noch hat, wenigstens das. Schließlich wohnt er ja nicht in Lwiw.

Fred Buttkewitz, Ulan-Ude (Russland)

Andere Internationale

Zu jW vom 22.8.: »Union verteidigt Reichtum«

Die Rettung naht. Die Internationale – nein, nicht die uns bekannte – der Superreichen, bekannt als »Taxmenow«, ist dabei, uns von allem Elend zu erlösen. Um sich nicht gleich in das entsprechende Zahlenwerk zu verheddern, das ja bekanntlich für sich spricht, sollten wir uns damit beschäftigen, was diese irgendwie auch ehrenhafte Community zusammenhält. Dazu konnte man in Hamburg in der Zeitung für Obdachlose, Hinz & Kunzt, Nr. 349, 2022, recht Interessantes lesen. Allein schon nach der Überschrift »Die Zeit ist überreif!« in der Unterzeile das Ur-Deutsche: »Steuern rauf für Reiche: Im Verein ›Taxmenow‹ haben sich Vermögende zusammengeschlossen, die genau das fordern. Ein Gespräch mit dem Vorstand P. Reese über Motive, Ziele und das Hamburger Desinteresse.« An dieser Stelle könnten eingeweihte Leser:innen das Interview beiseitelegen mit der Bemerkung: Na ja, das kennen wir ja.

Die letzte Frage des Autors: »Ist bei ›Taxmenow‹ auch jemand aus Hamburg dabei?« Antwort: Nein, bisher noch nicht. Der Interviewer hakt nach: »Das erstaunt uns aber – schließlich ist Hamburg laut Erhebungen die Stadt ›mit der größten Reichendichte Deutschlands‹ und je nach Zählung mit zwischen 900 bis 1.200 Einkommensmillionär:innen …« Die Antwort: »Mein Vater kommt ja aus Hamburg, und als halber Hanseat nutze ich jetzt hier diese wunderbare Gelegenheit und sage: Liebe Hamburger:innen, wo bleibt eure viel beschworene hanseatische Kaufmannsehre? Vom Geldsäcke­scheffeln steht in der Bibel nix!« Dazu zwei Bemerkungen. Es ist für uns als Streiter für eine bessere Welt schon bedrückend, dass es eine »Internationale der Reichen« gibt, bevor auch wir hier in Hamburg imstande sind, ein breites Bündnis für eine andere Welt zu etablieren. Dass es Menschen wie P. Reese gibt, zeigt uns aber auch, dass mehr Menschen als wir glauben für eine sozialistische Alternative zu gewinnen sind. Und es gibt ja im ganzen Land viele Superreiche. Deren Leitstern ist wohl eher das schlechte Gewissen, unserer bleibt die Revolution.

Manfred Pohlmann, Hamburg

Nicht nur der Herr Selenskij braucht Sicherheitsgarantien. Ich auch!

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