Pensionen unter Beschuss
Von Oliver Rast
Er hat es getan: Johannes Gasser fordert ein Minus für Pensionisten in Österreich. Dem Sozialsprecher der wirtschaftsliberalen Neos im Nationalrat zufolge, soll die Erhöhung des Altersruhegeldes 2026 unterhalb der Inflationsrate liegen. Das äußerte er am Donnerstag abend in der Sendung »Vorarlberg heute« im ORF. Als Gründe nennt er: Budgetdisziplin und Reformdruck. Seniorenverbände und Gewerkschaften halten von dem Vorstoß aus der »Zuckerl«-Koalition (ÖVP, SPÖ, Neos) nichts.
Gasser will die Pensionen im laufenden Jahr im Schnitt nur um 2,2 Prozent »anpassen« – obwohl der gesetzliche Indexwert vorsieht, Pensionen entsprechend der Rate der Teuerung zu erhöhen. 2026 dürfte die durchschnittliche Preissteigerung bei 2,7 Prozent liegen. Laut Gasser ließen sich durch die Begrenzung rund 400 Millionen Euro »einsparen«. Er verweist darauf, dass die Altersruhebezüge in den vergangenen Jahren über der Inflation angepasst wurden und nun ein »maßvoller Schritt« notwendig sei. Für Bezieher von Ausgleichszulagen soll es die volle Inflationsabgeltung geben, während »Luxuspensionen« nicht erhöht werden müssten. Ferner fordert Gasser eine »offene Debatte über das gesetzliche Pensionsantrittsalter« – seiner Ansicht nach ein zentraler Hebel für »nachhaltige Reformen«.
Eine Argumentation, die der »grüne« Nationalratssprecher für Soziales, Markus Koza, am Freitag via Presseaussendung ablehnte. Es gebe die gesetzliche Pflicht zur Pensionsanpassung, zugleich warnte er vor »weiteren sozialen Härten« für Alte. Koza hält zudem die Forderung nach Deckelung hoher Pensionen für wenig originell. Ein solcher Deckel werde bereits seit Jahren regelmäßig beschlossen. Besonders Bezieher niedriger Pensionen seien durch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge und die Abschaffung des Klimabonus stark belastet. Ein Inflationsausgleich sei daher dringend geboten, um Einkommensverluste abzufedern.
Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) warnt vor den sozialen Folgen einer Kürzung. Eindringlich. Monika Kemperle, Bundesvorsitzende für Pensionisten im ÖGB, spricht von einem »brandgefährlichen« Vorhaben, das Hunderttausende Menschen direkt in die Altersarmut treiben würde. Die Teuerung bei Mieten, Energie und Lebensmitteln habe die Brieftaschen der Pensionisten schon stark belastet. Es sei respektlos, gerade jene Generation zur Kasse zu bitten, die das System über Jahrzehnte mit aufgebaut habe.
Ähnlich argumentiert der Österreichische Seniorenrat. Die Präsidentinnen Birgit Gerstorfer vom Pensionistenverband Österreichs und Ingrid Korosec vom Österreichischen Seniorenbund erwarten von der »schwarz-rot-pinken« Bundesregierung die Einhaltung des gesetzlichen Anpassungswertes. Beide betonen, dass viele Senioren mit ihrer Pension finanziell kaum noch über den Monat kämen. Gerstorfer verweist – wie der Grüne Koza – auf die Zusatzbelastung durch höhere Beiträge der Sozialversicherungen. Gekürzte Pensionen seien unter diesen Umständen nicht hinnehmbar. Korosec kündigte Gespräche mit Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) an. Auf der Topliste: Bekämpfung der Altersarmut und sogenannte Ausgleichszulagenrichtsätze für kleine Pensionen.
Ein pensionspolitischer Disput, in dem sich die rechte FPÖ abermals als Schutzmacht der »kleinen Leute im hohen Alter« inszenieren kann. Die »freiheitliche« Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sieht einen »beispiellosen Anschlag auf den Lebensabend unserer Senioren«. Mehr noch, ein sofortiger »Stopp des Pensionsraubs« sei notwendig.
Richtig ist, die Forderung nach vollem Inflationsausgleich ist kein Privileg, kein Luxus – sie ist eine Art Selbstverteidigung gegen die stille Verarmung im Alter.
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