Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. August 2025, Nr. 195
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Aus: Ausgabe vom 23.08.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Schuldfragen

Zu jW vom 18.8.: »Auf dem kognitiven Gefechtsfeld«

Prof. Carlo Masala: Trump schiebe »die Verantwortung für die Beendigung des russischen Aggressionskrieges erneut der Ukraine und den Europäern in die Schuhe«. Ja, wem denn sonst? Der Krieg begann 2014 kurz nach dem völkerrechtswidrigen gewaltsamen Putsch rechtsnationaler Gruppen und dem Sturz der Regierung Janukowitsch. Diese Ereignisse wiederum wurden begünstigt von der EU in Person des damaligen Kommissars für Nachbarschaftspolitik, Štefan ­Füle. Er war mittelbar dafür verantwortlich, dass das Assoziierungsabkommen mit der EU, welches im November 2013 unterzeichnet werden sollte, letztlich auf Eis gelegt wurde. (FAZ vom 28.11.2013)

Zuvor kam die EU mit der fadenscheinigen Forderung um die Ecke, Janukowitsch müsse erst die 2011 wegen Amtsmissbrauchs für sieben Jahre inhaftierte Julija Timoschenko freilassen, eben jene, über die der frühere Industriekommissar und stellvertretende EU-Kommissionspräsident Günter Verheugen sagte, nie seien Korruption und Misswirtschaft in der Ukraine schlimmer gewesen als unter ihr. Die Forderung zur Freilassung Timoschenkos ging breit durch die Berichterstattung.

Weniger bekannt ist, dass sie aus dem Gefängnis heraus einen Appell an die EU richtete, man möge »das Abkommen (…) unterzeichnen, auch ohne die Bedingungen, die sich auf meine Freilassung beziehen«. (ebenda) Vitali Klitschko: »Großartiger Appell.« Doch die EU wollte nicht. Angesichts der aufgeheizten Situation und des Wissens um die freundliche Unterstützung der »Regimegegner« durch fünf Milliarden US-Dollar von Victoria Nuland (State Department) muss man sich fragen, was genau die EU im Schilde führte. Und was hatte der Außenminister ­Westerwelle am 4. Dezember 2013 auf dem Maidan zu suchen, anstatt als Repräsentant Deutschlands dem demokratisch gewählten Präsidenten beizustehen? Konnten, sollten das die »proeuropäischen Demonstranten« als Ermutigung verstehen? Waren die folgenden Ereignisse unvorhersehbar, Dummheit, billigende Inkaufnahme oder gar Absicht?

Till von Thile, Berlin

Schwimmverbot

Zu jW vom 16./17.8.: »Badeverbot im Rhein trotz Sommerhitze«

Das ist mal wieder typisch für die heutige BRD. Statt dafür zu sorgen, dass alle Menschen schon im Kindesalter schwimmen lernen, wird Flussbaden verboten. Apropos, ist eigentlich schon mal das Autofahren in Straßen verboten worden, in denen Menschen totgefahren wurden?

D. Schreiber, per E-Mail

Verstanden werden

Zu jW vom 20.8.: »Haltung entwickeln«

Danke für dieses wunderbare Interview. Wie schön, wenn ein Künstler so ungekünstelt darüber spricht, was man tun kann, um von möglichst vielen Menschen verstanden zu werden. Die spätbürgerliche Gesellschaft zieht dagegen Kunst und Künstler vor, die möglichst verschwurbelt daherkommen. Denn was nicht verstanden wird, kann auch nicht bewegen. Und was nicht bewegt, lässt alles beim Alten. Wie gut so etwas doch für eine Gesellschaft ist, die schon um ihren Niedergang weiß und gerade deshalb so erbittert darum kämpft, dass das von der Mehrheit möglichst lange unbemerkt bleibt.

Joachim Seider, Berlin

Traditionslinie

Zu jW vom 19.8.: »Wadephul lässt Stationierung offen«

»SPD-Fraktionschef Miersch offen für Bundeswehr in der Ukraine«, heißt es auf T-online. Frage: Inwieweit reicht die militärische und kapital-faschistische Ausrichtung und Tradition in die heutige SPD und ihre Gewerkschaften hinein, bspw. die Rolle der IG Metall in der Rüstungsindustrie? Erinnern wir uns auch an die deutsche Geschichte der Beteiligung der Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Demonstrierten noch Wochen vor der verhängnisvollen Abstimmung Hunderttausende Wähler und Anhänger der SPD im Deutschen Kaiserreich 1914 gegen den Krieg und gegen die militärische Aufrüstung, so stimmte in der Folge die sozialdemokratische Führung geschlossen für die Bewilligung der Kriegsfinanzierung und Beteiligung am Krieg. Damals auch noch unter Zustimmung von Karl Liebknecht und anderen vorgeblich Linken. Aber die SPD und die sozialdemokratische Gewerkschaftsführung verweigerte auch vor und nach 1933 den gemeinsamen Kampf mit der KPD gegen die Machtergreifung der NSDAP. Ebenso verweigerte die Mehrheit der sozialdemokratischen Führung nach Kriegsende ein Zusammengehen mit der antifaschistischen KPD für ein antifaschistisches neues Deutschland. Wie die Führung der NSDAP sich für die »Volksgemeinschaft« zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse einsetzte, so die SPD nach der Neugründung der Bundesrepublik Deutschland für die »Sozialpartnerschaft« zwischen der Putzkraft und Familie Quandt – bis heute, 2025. Flankiert wurde diese Entwicklung mit der widerstandslosen Billigung des Verbots der antifaschistischen KPD 1956 in den Westsektoren und mit Willy Brandts Radikalenerlass 1972 – gegen Antifaschisten, Demokraten und Sozialisten.

PS: Diese historische Entwicklung wurde 1989/1990 mit der Liquidierung der DDR und dauerhaften Berufsverboten für Kommunisten und Sozialisten im gesamtdeutschen öffentlichen Dienst abgeschlossen. Mein Berufsverbot wurde mir im November 1995 als Handwerksmeister und Lehrer für Berufspraxis an Berliner Berufsschulen über die »Gauck-Kommission« am Landesschulamt Berlin unter Federführung des damaligen Landesschulleiters Professor Dr. Wilfried Seiring auferlegt.

Reinhold Schramm, per E-Mail

Statt dafür zu sorgen, dass alle Menschen schon im Kindesalter schwimmen lernen, wird Flussbaden verboten. Apropos, ist eigentlich schon mal das Autofahren in Straßen verboten worden, in denen Menschen totgefahren wurden?

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